Steuer-News-Archiv
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Montag, 01.10.2012

Zuschätzungen aufgrund eines Zeitreihenvergleichs?

Ein Steuerpflichtiger betrieb eine Speisegaststätte. Über eine elektronische Registrierkasse erfasste er die Einnahmen. Daneben führte er eine weitere Barkasse an der Theke, deren Einnahmen nicht über die Registrierkasse abgerechnet wurden. Die täglichen Bareinnahmen der beiden Kassen stellte er den Barausgaben und Entnahmen gegenüber und ermittelte so die Kassenbestände.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer darüber hinaus fest, dass die Tagesendsummenbons nicht vollständig waren und ein Teil kein Datum enthielt. Der Prüfer nahm für den Prüfungszeitraum Zuschätzungen aufgrund eines Zeitreihenvergleichs vor. Dabei stellte er dem um den Eigenverbrauch und die Personalbeköstigung geminderten wöchentlichen Wareneinkauf (netto) die wöchentlichen Einnahmen (brutto) gegenüber und ermittelte so wöchentliche Rohgewinnaufschlagssätze. Dann bildete er für je zehn aufeinanderfolgende Wochen Mittelwerte. Den jeweils höchsten Mittelwert wendete er auf den erklärten Wareneinkauf an.

Der Gastwirt wendete gegen die Zuschätzungen ein, dass seine Buchführung ordnungsgemäß sei. Außerdem machte er grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Zeitreihenvergleichs geltend.

Das Finanzgericht Münster hielt die Zuschätzungen aufgrund des Zeitreihenvergleichs aber für zulässig, da die Buchführung wegen der genannten Mängel nicht ordnungsgemäß sei. Wegen des hohen Anteils an Bargeschäften komme der Kassenführung eine erhebliche Bedeutung zu.

Nach der Rechtsprechung des BFH sei es zwar nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch eingetragen würden; dann müsse aber das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons oder aber die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden. Eine Aufbewahrungspflicht bestehe lediglich dann nicht, wenn die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen würden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt würden. Eine Gewähr für die vollständige Aufzeichnung der Kasseneinnahmen sei im Streitfall aber nicht gegeben.

Eine Zuschätzung aufgrund eines Zeitreihenvergleichs sei daher sachgerecht. Er stelle eine geeignete Schätzungsmethode für eine Speisegaststätte dar, denn dabei werde davon ausgegangen, dass eingekaufte Waren innerhalb eines kurzen Zeitraums verbraucht würden und dass es in der Praxis kaum möglich sei, den Wareneinkauf wochenweise genau zu verschweigen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn sich die Betriebsstruktur im Schätzungszeitraum nicht wesentlich verändert habe. Als innerer Betriebsvergleich liefere der Zeitreihenvergleich ein wahrscheinlicheres Ergebnis als andere Methoden (z.B. eine Richtsatzschätzung). Schätzungsunschärfen dürften zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen.

Hinweis: Zu den aufzubewahrenden Unterlagen gehören auch die Organisationsunterlagen einer verwendeten Registrierkasse sowie die Speisekarte. Zwar hat das Finanzgericht die Revision nicht zugelassen, hiergegen hat der Gastwirt jedoch Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 26. Juli 2012, 4 K 2071/09, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. des BFH: X B 183/12), www. justiz.nrw.de
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