Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.01.2017

Neue Entwicklungen zum Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG

Allgemeiner Überblick

Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes einen den Gewinn mindernden Investitionsabzugsbetrag abziehen. Die Berücksichtigung erfolgt außerbilanziell.

Dabei darf der Abzugsbetrag 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsgutes nicht überschreiten, welches der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des dritten auf den Abzug des Investitionsabzugsbetrages folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird.

Der jeweilige Abzugsbetrag bezieht sich auf eine künftige Investition. Bei mehreren künftigen Investitionen ist für jede einzelne Investition ein gesonderter Abzugsbetrag abzuziehen.

Durch den gewinnmindernden Abzug des Investitionsabzugsbetrages sollen Abschreibungen, die im Jahr der tatsächlichen Anschaffung oder Herstellung anfallen, aufwandsmäßig vorweggenommen werden.

Der Investitionsabzugsbetrag ist in dem Wirtschaftsjahr, in dem die geförderte Investition durchgeführt wird, außerbilanziell gewinnerhöhend hinzuzurechnen.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme

Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages nach § 7g Abs. 1 EStG ist nur unter den folgenden Bedingungen möglich:

  1. Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen ist ausschließlich bei Betrieben (Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften) möglich, die aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen.
  2. Bei Betriebseröffnung kann auch in den Jahren vor Betriebseröffnung ein Investitionsabzugsbetrag für die künftige Investition eines begünstigten Wirtschaftsgutes in Anspruch genommen werden. Die Eröffnung eines Betriebes ist dann abgeschlossen, wenn alle wesentlichen Grundlagen vorhanden sind.
  3. Es muss ein bewegliches und abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens angeschafft oder hergestellt werden.
  4. Das Betriebsvermögen zum Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem der Abzug vorgenommen wird, darf nicht mehr als 235.000 € betragen.
  5. Bei Betrieben, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) ermitteln, darf der Gewinn 100.000 € nicht überschreiten. Gewinn ist dabei der Betrag, der ohne Berücksichtigung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 1 EStG der Besteuerung zugrunde zu legen ist.
  6. Hat der Steuerpflichtige mehrere Betriebe, ist für jeden Betrieb gesondert zu prüfen, ob die Grenzen des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG überschritten werden.
  7. Ein Abzugsbetrag kann auch gebildet werden, wenn dadurch ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g Abs. 1 Satz 3 EStG).
  8. Die insgesamt getätigten Investitionsabzugsbeträge dürfen im Wirtschaftsjahr des Abzugs und in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren den Betrag von 200.000 € nicht übersteigen (§ 7g Abs. 1 Satz 4 EStG).
  9. Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes ist nicht möglich. Denn die Geltendmachung eines Abzugsbetrags setzt die Absicht des Steuerpflichtigen voraus, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen.
  10. Das Wirtschaftsgut muss im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung und im kompletten darauf folgenden Wirtschaftsjahr ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden (§ 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b EStG). Eine fast ausschließliche Nutzung liegt vor, wenn das Wirtschaftsgut mindestens zu 90 % betrieblich genutzt wird.

Dabei ist zu beachten, dass für einen Pkw bei Besteuerung der Privatnutzung nach der 1%-Methode kein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden darf. Nach der BFH-Rechtsprechung (Beschluss vom 03.01.2006 - XI B 106/05, NV) ist bei der Besteuerung nach der 1 % Methode von einem Privatanteil von 20 % bis 25 % auszugehen. Der vom Steuerpflichtigen zu führende Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Verwendung des Fahrzeugs kann allerdings durch die Vorlage eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs erbracht werden. Ein nachträglich vorgelegtes Fahrtenbuch ist jedoch nicht ordnungsgemäß, wenn darin die Namen und Anschriften der Kunden fehlen, die der Steuerpflichtige aufgesucht haben will.

Nachweis der geplanten Investition

Das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2.11.2015, das im Wesentlichen zum 1.1.2016 Wirkung entfaltet hat, enthält grundlegende Änderungen zum Investitionsabzugsbetrag.

Neu ist, dass der Steuerpflichtige für Investitionsabzüge, die er erstmals für nach dem 31.12.2015 endende Wirtschaftsjahre bildet, keine konkrete Investitionsabsicht mehr haben und deshalb auch nicht nachweisen muss. Konsequenterweise entfällt auch das bisherige und in der Praxis oftmals streitanfällige Erfordernis, das anzuschaffende Wirtschaftsgut hinsichtlich seiner Funktion zu benennen.

Höhe des Investitionsabzugsbetrages

Es können bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden.

Ein für ein bestimmtes Wirtschaftsgut in einem Vorjahr gebildeter Investitionsabzugsbetrag kann in einem Folgejahr innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums bis zum gesetzlichen Höchstbetrag in Höhe von 200.000 € aufgestockt werden.

Dabei ist zu beachten, dass der Investitionsabzugsbetrag insgesamt nicht 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen darf.

Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrages sowie Kürzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten

In dem Wirtschaftsjahr, in dem das begünstigte Wirtschaftsgut angeschafft wurde, ist der in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten wieder gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Allerdings darf die Hinzurechnung den tatsächlich abgezogenen Investitionsabzugsbetrag nicht übersteigen.

Zusätzlich können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung des Anlagegutes die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um 40 %, höchstens jedoch um die in Anspruch genommene Hinzurechnung herab gesetzt werden. Dadurch verringert sich die Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für die Abnutzung entsprechend. Voraussetzung für die Kürzung ist, dass das Wirtschaftsgut innerhalb einer dreijährigen Investitionsfrist angeschafft oder hergestellt wurde.

Rückabwicklung des Investitionsabzugsbetrages

Korrektur nach § 7g Abs. 3 EStG

Nach §7g Abs. 3 EStG ist der Investitionsabzugsbetrag (ggfs. teilweise) rückgängig zu machen, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:

  1. Die geplante Investition unterbleibt innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums oder
  2. Der beanspruchte Investitionsabzugsbetrag übersteigt 40% der tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten - Rückgängigmachung in Höhe des übersteigenden Betrages - oder
  3. Der Investitionsabzugsbetrag wird freiwillig rückgängig gemacht.

In diesen Fällen ist die Veranlagung des Abzugsjahres zu korrigieren. Dies gilt selbst dann, wenn der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt wurde. Der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid ist, selbst wenn dieser bestandskräftig geworden ist, zu ändern.

Als Folge ergibt sich eine Verzinsung der daraus resultierenden Steuernachforderung.

Korrektur nach § 7g Abs. 4 EStG

Der § 7g Abs. 4 EStG regelt die Folgen, die sich ergeben, wenn ein Investitionsabzugsbetrag für ein begünstigtes Wirtschaftsgut in Anspruch genommen wurde, das Wirtschaftsgut aber nicht bis zum Ende des der Anschaffung oder Herstellung folgenden Jahres in einer inländischen Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Auch in diesen Fällen ist die Veranlagung des Abzugsjahres zu korrigieren. Durch die Rückgängigmachung ergeben sich dann folgende Änderungen:

  • Zunächst ist der Investitionsabzugsbetrag und die damit verbundene Gewinnminderung für das Abzugsjahr rückgängig zu machen.
  • Dies gilt auch für die gewinnerhöhende Hinzurechnung.
  • Auch die Minderung um max. 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten muss rückabgewickelt werden.
  • In der Folge erhöht sich dadurch die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung nach den §§ 7 ff. EStG.

Neuerungen durch das Steueränderungsgesetz 2015

Durch das Steueränderungsgesetz 2015 wurden die Regelungen des Investitionsabzugsbetrags geändert. Diese Änderungen gelten erstmals für die nach dem 31.12.2015 endenden Wirtschaftsjahre.

Demnach entfällt die Pflicht zur Benennung der Funktion des begünstigten Wirtschaftsgutes und der Höhe der voraussichtlichen Anschaffungsoder Herstellungskosten. Weiterhin wird auch keine konkrete Investitionsabsicht mehr verlangt.

Außerdem wurde dem Unternehmer nun ein flexibles Wahlrecht eingeräumt, ob und für welche begünstigten Investitionen der Investitionsabzugsbetrag genutzt werden soll. Auch eine freiwillige vorzeitige Rückgängigmachung von Abzugsbeträgen ist nun möglich.

Zwingend vorgeschrieben ist nun allerdings die elektronische Übermittlung der Daten für den Investitionsabzugsbetrag an das Finanzamt.

Erweiterung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

Das Bundesfinanzministerium hat sein Anwendungsschreiben zur Absetzbarkeit haushaltsnaher Dienstleistungen und Handwerkerleistungen aufgrund von verschiedenen Urteilen des BFH umfassend überarbeitet. Folgende Änderungen sind im Wesentlichen hervorzuheben:

Begriff „im Haushalt“

Der Begriff „im Haushalt“ kann künftig auch das angrenzende Grundstück umfassen, sofern die haushaltsnahe Dienstleistung oder die Handwerkerleistung dem eigenen Grundstück dienen. Somit können beispielsweise Lohnkosten für den Winterdienst auf öffentlichen Gehwegen vor dem eigenen Grundstück als haushaltsnahe Dienstleistungen berücksichtigt werden.

Hausanschlusskosten

Auch Hausanschlusskosten an die Ver- und Entsorgungsnetze können im Rahmen der Steuerermäßigung begünstigt sein. Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand auf gesetzlicher Grundlage erbracht und mit dem Hauseigentümer nach öffentlichrechtlichen Kriterien abgerechnet werden, sind jedoch nicht begünstigt.

Funktionsprüfung einer Anlage

Die Prüfung der ordnungsgemäßen Funktion einer Anlage ist ebenso eine Handwerkerleistung, wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens oder Maßnahmen zur vorbeugenden Schadensabwehr. Somit können künftig, in allen offenen Fällen, beispielsweise die Dichtheitsprüfungen von Abwasserleitungen, Kontrollmaßnahmen des TÜVs bei Fahrstühlen oder auch die Kontrolle von Blitzschutzanlagen begünstigt sein.

Notrufsystem im Rahmen des „Betreuten Wohnens“

Für ein mit der Betreuungspauschale abgegoltenes Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt, kann laut dem überarbeiteten Anwendungsschreiben ebenfalls die Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden.

Betreuung von Haustieren

Wer seine Haustiere zu Hause versorgen und betreuen lässt, kann auch von dem Steuervorteil profitieren, da Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Tieres als haushaltsnahe Dienstleistungen anerkannt werden können.

Hinweis: Die Urteile, die in das überarbeitete Anwendungsschreiben eingegangen sind, haben wir Ihnen bereits vorgestellt. Das Schreiben ist größtenteils in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF-Schreiben vom 9. November 2016, IV C 8 S 2296b/07/10003:008, www.bundesfinanzministerium.de
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