Steuer-News-Archiv
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Samstag, 01.04.2017

Verwarnungsgelder wegen Falschparkens kein Arbeitslohn

Ein Unternehmen, das bundesweit im Paketzustelldienst tätig war, hatte den bei ihm beschäftigten Fahrern die Aufgabe übertragen, Pakete unmittelbar bei den Kunden des Paketzustelldienstes abzuholen bzw. zuzustellen. Um eine möglichst schnelle Zustellung zu gewährleisten, parkten die Fahrer in unmittelbarer Nähe zu den Kunden. Insbesondere in Innenstädten war dies jedoch mit den zur Verfügung stehenden Parkmöglichkeiten nicht immer möglich. Die Firma hatte zwar in mehreren Städten kostenpflichtige Ausnahmebewilligungen beantragt, die den Fahrern ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen gestattete. Da solche Genehmigungen jedoch nicht von allen Städten erteilt wurden, wurde es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufes und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhielten und hierfür Verwarnungsgelder festgesetzt wurden. Die Firma zahlte nur diese von ihren Arbeitnehmern verursachten Verwarnungsgelder und auch nur, soweit die Arbeitnehmer als Fahrer im Paketzustelldienst tätig sind. Verwarnungsgelder für andere Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (z.B. überhöhte Geschwindigkeit) mussten die Arbeitnehmer selbst tragen. Das Finanzamt war der Auffassung, die Übernahme der Verwarnungsgelder führe bei den Fahrern zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn.

Das Finanzgericht Düsseldorf sah das anders und gab der Klage statt. Zunächst sei dabei zu klären, ob dem Arbeitnehmer überhaupt ein geldwerter Vorteil zugeflossen sei. Nur die Befreiung eines Arbeitnehmers von einer gegen ihn bestehenden Verbindlichkeit durch den Arbeitgeber führe zu einem geldwerten Vorteil bzw. zu einem unmittelbarem Zufluss von Arbeitslohn. Im Streitfall aber war der Arbeitgeber als Fahrzeughalter Inhaltsadressat der Verwaltungsgeldfestsetzung und tilgte somit eine eigene Verbindlichkeit.

Bei der Festsetzung eines Verwarnungsgeldes handele es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, der nur dann wirksam werde, wenn der Adressat einverstanden sei und das Verwarnungsgeld auch fristgerecht bezahle. Zwar käme das Unternehmen als Personengesellschaft per se nicht als Führer der betreffenden Fahrzeuge in Betracht, dies hindere aber nicht die Wirksamkeit der Festsetzung und den Eintritt der Bestandskraft, sofern keine Anfechtung erfolge.

Hinweis: Das Finanzgericht hat einen Zufluss eines wie auch immer gearteten geldwerten Vorteils bei den Arbeitnehmern verneint, da nach seiner Auffassung keine Verbindlichkeit der Arbeitnehmer gegenüber der Verwaltungsbehörde oder gegenüber dem Arbeitgeber in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs bestand. Zudem konnte das Unternehmen ein ausschließlich eigenbetriebliches Interesse an der Zahlung der Verwarngelder im Hinblick auf die angebotenen 24 Stunden-Zustellung, aber auch im Hinblick auf die Gleichbehandlung ihrer Arbeitnehmer in Gebieten mit und ohne Ausnahmegenehmigungen darlegen. Das Unternehmen hatte bereits in 2004 vor dem BFH ein Urteil erstritten, nach dem auf die gezahlten Verwarngelder keine Lohnsteuer abzuführen ist. Im Jahr 2013 wich der BFH aber von dieser Rechtsprechung ab. In dem damaligen Fall ging es um die Übernahme von Bußgeldern wegen Überschreitung der Lenk- und Ruhezeiten durch die angestellten Fahrer. Das Finanzgericht hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Diese wurde vom Finanzamt auch eingelegt wurde.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2016, 1 K 2470/14 L, Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 1/17), EFG 2017 S. 315
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