Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.01.2012

Doch kein Steuerabzug für Zivilprozesskosten?

Im Jahr 2011 sorgte ein Urteil des BFH für Aufsehen. Entgegen der langjährigen Rechtsprechung sollten Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig sein. Vorausgesetzt wurde lediglich, dass die Prozessführung hinreichende Erfolgsaussichten hatte und nicht mutwillig erschien.

Bislang kam der steuerliche Abzug von Prozesskosten nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn der Steuerpflichtige ohne Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Das Finanzministerium will das neue steuerzahlerfreundliche Urteil des BFH aber nicht anwenden, wie aus einem aktuellen Schreiben hervorgeht. In diesem sog. Nichtanwendungserlass heißt es, dass der Finanzverwaltung keine Instrumente zur Verfügung stünden, um die Erfolgsaussichten des Zivilprozesses und die Motive der Verfahrensbeteiligten eindeutig, rechtssicher und zuverlässig einzuschätzen. Das hält die Finanzverwaltung wohl aber für notwendig, da eine nicht unerhebliche Anzahl von Fällen von der neuen Rechtsprechung betroffen wäre.

Der Steuerabzug könne auch nicht für eine Übergangszeit gewährt werden, so das Finanzministerium weiter. Man rechne damit, dass die steuerliche Berücksichtigung von Zivilprozesskosten demnächst gesetzlich neu geregelt werde und der Gesetzgeber die bisherige Rechtslage fortführe.

Hinweis: Es ist nichts Neues, dass Gesetzgeber und Finanzverwaltung unliebsame Rechtsprechung aus fiskalpolitischen Gründen nicht zur Anwendung kommen lassen. Geändert hat sich in letzter Zeit jedoch die Zahl der Nichtanwendungserlasse, die – vor allem wegen der Vereinbarung im Koalitionsvertrag – zurückgegangen ist. Doch stattdessen hat der Gesetzgeber ein neues Instrument gefunden: durch gesetzliche Neufassung der entsprechenden Regelungen kommt die unerwünschte Rechtsprechung ebenfalls nicht zum Zug. Ob diese sog. Nichtanwendungsgesetzgebung auch dem Grundgesetz stand hält, wird sicherlich in vielen Fällen das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.

Quelle: BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2011, IV C 4 S 2284/07/0031, www.bundesfinanzministerium.de
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