Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.04.2012

Achtung bei Kettenschenkungen

Für Schenkungen zwischen nahen Angehörigen sieht das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz großzügige Freibeträge vor. Diese betragen bei einer Schenkung an den Ehegatten 500.000 € und bei Zuwendungen an Kinder 400.000 €. Für andere Verwandte sind die Freibeträge weitaus geringer, wie etwa bei Geschwistern oder Schwiegerkindern in Höhe von 20.000 €.

Sollen Familienangehörige, die nicht Ehegatte oder Kinder sind, beschenkt werden, kann der Schenkungsvorgang durch eine sog. Kettenschenkung gestaltet werden, um möglichst hohe Freibeträge nutzen zu können. Dazu muss eine Durchgangsperson zwischen Schenker und Beschenktem eingesetzt werden, die sowohl im Verhältnis zum Schenker als auch zum Beschenkten eine günstige Steuerklasse hat. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn das Finanzamt prüft sehr genau, ob der Dritte, d.h. die Durchgangsperson, überhaupt über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich des Schenkungsgegenstandes verfügte. Sollte das nicht der Fall sein, legt das Finanzamt für die Besteuerung die (ungünstige) Steuerklasse zwischen dem Schenker und dem eigentlichen Bedachten zu Grunde.

Der BFH musste sich kürzlich mit so einem Fall befassen. Zunächst übertrug der Vater auf den Sohn unentgeltlich ein Grundstück. Im Überlassungsvertrag wurde der Vater berechtigt, die unentgeltliche Rückauflassung des Grundstücks u.a. dann zu verlangen, wenn sein Sohn das Grundstück ohne seine Zustimmung verkaufen sollte. In derselben Urkunde stimmte der Vater der Übertragung des halben Grundstücksanteils auf seine Schwiegertochter zu. Noch am gleichen Tag übertrug der Sohn den Grundstücksanteil unentgeltlich auf seine Ehefrau. Finanzamt und Finanzgericht erkannten die Kettenschenkung nicht an. Beide gingen davon aus, dass der Vater jeweils einen hälftigen Grundstücksanteil seinem Sohn und seiner Schwiegertochter geschenkt hatte. Für die Schenkung an die Schwiegertochter waren somit nur ein geringer Freibetrag und eine ungünstige Steuerklasse maßgeblich. Der Zwischenerwerber, d.h. der Sohn, sei schenkungssteuerrechtlich nicht bereichert, wenn er den Gegenstand sogleich weiterschenke, selbst wenn zivilrechtlich zwei Zuwendungen anzunehmen seien, lautete die Begründung.

Doch der BFH kam zu einer anderen Entscheidung. Werde dem Bedachten der Schenkungsgegenstand nicht unmittelbar von dessen ursprünglichem Inhaber zugewendet, sondern noch ein Dritter zwischengeschaltet, komme es darauf an, ob der Dritte selbst über die Verwendung des geschenkten Gegenstands entscheiden könne. Eine Weitergabeverpflichtung könne sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus anderen Umständen ergeben. Wenn dann der Dritte, in diesem Fall der Sohn, den Gegenstand ohne Veranlassung des Zuwendenden und ohne rechtliche Verpflichtung einem anderen weiterschenkt, scheide die Annahme aus, dass die Schenkung direkt durch den Zuwendenden erfolgte. Das gelte selbst dann, wenn der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den Gegenstand sofort weiterschenkt.

Im verhandelten Fall enthielt der Überlassungsvertrag keine Verpflichtung, nach der der Sohn zur Weiterübertragung verpflichtet war. Weiterhin konnte der BFH keine Anhaltspunkte erkennen, dass der Vater den Sohn zu einer Weiterschenkung veranlasst haben könnte. Eltern hätten regelmäßig kein Interesse daran, ihre Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nicht auf ihre Kinder, sondern unmittelbar auf Schwiegerkinder zu übertragen, so der BFH. Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch lägen im Streitfall nicht vor.

Hinweis: Damit muss das Finanzamt für die Schenkung des Sohnes an seine Ehefrau den Freibetrag und die Steuerklasse zu Grunde legen, wie sie für Ehegatten üblich ist. In der Praxis sollten Schenkungen im größeren Umfang vor ihrer Durchführung auch steuerlich geprüft werden. Wir beraten Sie gern.

Quelle: BFH-Beschluss vom 30. November 2011, II B 60/11, DStZ 2012, S. 222
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