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Sonntag, 01.04.2012

Werbungskostenabzug bei Teilnahme an Auslandsgruppenreise

Gemischt veranlasste Aufwendungen, d.h. die gleichzeitig beruflich und privat veranlasst sind, können nach der neueren Rechtsprechung des BFH in größerem Umfang als bisher steuerlich abgezogen werden. Häufig liegt in der Praxis eine gemischte Veranlassung bei Reisekosten vor. In diesem Bereich wirken sich die neuen Rechtsgrundsätze des BFH positiv aus. Doch nach wie vor ist deren Anwendung in der Praxis im Einzelfall unklar. Grundsätzlich darf nur der beruflich veranlasste Anteil der Reisekosten abgezogen werden, sofern die Reise nicht nur untergeordnet privat veranlasst gewesen ist. Entsprechend dem unterschiedlichen Gewicht der Veranlassungsbeiträge sind die Reisekosten dabei im Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Reiseanteile aufzuteilen. Wie sind die neuen Rechtsgrundsätze auf eine Auslandsgruppenreise anzuwenden? Damit befasste sich vor Kurzem der BFH.

Es ging um eine Lehrerin für Mathematik, Geographie, Biologie und Kunst, die an Studienreisen nach China und Paris teilnahm. Die Reisen wurden durch das Landesinstitut für Schule und Ausbildung organisiert. Die Kosten für die beiden Reisen machte sie als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Doch das Finanzamt berücksichtigte die Gesamtkosten von rund 7.000 € überhaupt nicht. Auch das Finanzgericht kam später zu keiner anderen Einschätzung, nachdem es den Reiseverlauf mit fast ausschließlich touristischen Programmpunkten geprüft hatte.

Der BFH hatte das Schlusswort, bestätigte aber die Meinung von Finanzamt und Finanzgericht. Für eine berufliche Veranlassung sei neben einer fachlichen Organisation vor allem maßgebend, dass das Programm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten und der Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartig (homogen) sei. Von Bedeutung sei ebenfalls, ob die Teilnahme freiwillig sei oder ob der Steuerpflichtige einer Dienstpflicht nachkomme. Könne die berufliche Veranlassung einer Reise nicht festgestellt werden, so gehen Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Im verhandelten Fall war das Finanzgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Aufwendungen für die Reisen nicht abzugsfähig sind, weil sie nicht insgesamt beruflich veranlasst waren und auch eine Aufteilung in beruflich bzw. privat veranlasste Reiseanteile nicht in Betracht komme. Dieses Ergebnis beanstandete der BFH nicht.

Hinweis: Der BFH wies explizit darauf hin, dass nicht jede von einem Fachverband veranstaltete Reise als beruflich veranlasst einzustufen ist. Bietet eine berufliche Organisationen eine Reise an, können die Kosten nur dann abgezogen werden, wenn die Reisen auch inhaltlich, d.h. nach ihrem Reiseprogramm und der tatsächlichen Durchführung, die Kriterien für eine beruflich veranlasste Fortbildungsreise erfüllen. Im Streitfall wurden die Reisen durch einen kommerziellen Reiseveranstalter durchgeführt und entsprachen nach Programm und Ablauf einer allgemeinbildenden Studienreise. Auch nach der Entscheidung des BFHs zum sog. Aufteilungs- und Abzugsverbot sind die früher entwickelten Abgrenzungsmerkmale weiterhin anzuwenden.

Quelle: BFH-Urteil vom 19. Januar 2012, VI R 3/11, LEXinform Nr. 0928328
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