Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.04.2012

Höherer Abzug für Fahrten zur Universität

Der BFH hat kürzlich in gleich zwei Urteilen seine bisherige Rechtsprechung zu Gunsten der Steuerpflichtigen geändert. In beiden Fällen ging es darum, ob Fahrtkosten im Rahmen eines Vollzeitunterrichts nach Dienstreisegrundsätzen oder lediglich beschränkt im Wege der Entfernungspauschale berücksichtigt werden können. Nach bisheriger Rechtsauffassung war nur letzteres möglich.

Die Pendlerpauschale von derzeit 0,30 € pro Entfernungskilometer ist für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte vorgesehen. Als regelmäßige Arbeitsstätte hat der BFH bislang auch Bildungseinrichtungen (z.B. Universitäten) betrachtet, etwa wenn der Student an die Universität über einen längeren Zeitraum hinweg wegen eines Vollzeitstudiums fährt. Die Fahrtkosten im Rahmen einer Ausbildung konnten wegen dieser Rechtsauffassung nicht in tatsächlicher Höhe steuerlich abgezogen werden, sondern waren in Höhe der Entfernungspauschale nur beschränkt abzugsfähig.

Daran hält der BFH nicht länger fest. Auch wenn die berufliche Aus- oder Fortbildung die volle Arbeitszeit des Steuerpflichtigen in Anspruch nehme und sich über einen längeren Zeitraum erstrecke, sei eine Bildungsmaßnahme regelmäßig vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt. Der Fahrtkostenabzug sei daher in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen möglich. Im Übrigen sei nach neuerer Rechtsprechung als „regelmäßige Arbeitsstätte“ nur eine dauerhafte ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen. Schon deshalb könne die Bildungseinrichtung keine regelmäßige Arbeitsstätte sein.

Verhandelt wurde im Fall einer Studentin, die ein Zweitstudium an einer Universität absolvierte und für ihre Fahrten zur Universität den Werbungskostenabzug nach Dienstreisegrundsätzen, d.h. mit 30 Cent je gefahrenen Kilometer, begehrte. Ihr gab der BFH Recht. Im zweiten Verfahren ging es um die Fahrtkosten eines Zeitsoldaten zu seiner Ausbildungsstätte, die er ebenfalls im Rahmen einer vollzeitigen Berufsförderungsmaßnahme aufsuchte. Auch ihm erkannte der BFH den Werbungskostenabzug nach Dienstreisegrundsätzen zu. Der BFH wies aber ausdrücklich darauf hin, dass Aufwendungen für Dienstreisen nur dann steuerlich abgezogen werden können, wenn der Steuerpflichtige Fahrtaufwand tatsächlich getragen habe. Das gelte auch dann, wenn er den pauschalen Abzug von 30 Cent je gefahrenem Kilometer geltend mache. Anders sei das bei der Entfernungspauschale. Auf eigenen Aufwand komme es hier nicht an.

Hinweis: Von dieser Rechtsprechung können viele Studenten und Auszubildende profitieren. Wichtig ist, dass die Einkommensteuerveranlagungen noch nicht bestandskräftig sind. Aber auch für noch offene Kindergeldfälle der Jahre 2011 und früher haben diese Urteile positive Auswirkungen: War etwa bislang die Einkünfte- und Bezügegrenze des Kindes überschritten, könnte dies wegen des erhöhten Fahrtkostenabzugs nun nicht mehr der Fall sein. In den beiden verhandelten Fällen waren die Fahrtkosten nur deshalb als Werbungskosten abzugsfähig, weil es sich bei der Studentin um ein Zweitstudium handelte und der Zeitsoldat in einem Ausbildungsdienstverhältnis stand. Für Studenten im Erststudium ist der Werbungskostenabzug nach wie vor nicht möglich, obwohl erst letztes Jahr der BFH die geltende Gesetzeslage mit mehreren Urteilen unterlaufen hatte. Der Gesetzgeber hatte auf diese unliebsame Rechtsprechung umgehend mit einer Gesetzesänderung reagiert, die rückwirkend in noch allen offenen Fällen gilt. Dagegen sind bereits wiederum Klagen vor den Finanzgerichten anhängig, wie etwa vor dem BFH unter dem Az. VI R 8/12. Einkommensteuerveranlagungen können unter Hinweis darauf offen gehalten werden. Wir unterstützen Sie dabei gerne.

Quelle: BFH-Urteile vom 9. Februar 2012, VI R 44/10 und 42/11, LEXinform Nrn. 0927973 und 0928644; BFH-Pressemitteilung vom 28. März 2012, Nr. 20/12, LEXinform Nr. 0437732
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