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Dienstag, 01.04.2014

Steuerliche Folgen der Löschung einer englischen Limited

Die englische „Limited“ galt lange als kostengünstige Alternative zur deutschen GmbH, zumindest bis zum Jahre 2008, in dem der deutsche Gesetzgeber die UG – „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ einführte. So wurden auch in Deutschland bis dahin und werden zum Teil heute noch einige haftungsbeschränkte Limiteds (Ltd.) gegründet. Wichtig zu wissen ist, dass sich die Limited nach britischem Recht beurteilt, denn sie hat im Regelfall ihren Hauptsitz in England und nur eine Zweigniederlassung in Deutschland.

Dementsprechend gilt das britische Handelsrecht. Das bedeutet z.B., dass eine Zwangslöschung im englischen Handelsregister (Companies House) erfolgt, wenn der Jahresabschluss nicht eingereicht ist. Die Löschung wird in der London Gazette einmalig angekündigt. Nicht ganz drei Monate später ist die Limited im Companies House ausgetragen. Dann existiert die Limited nicht mehr und die Betreiber verlieren ihren Haftungsschutz. Noch vorhandenes Vermögen (im Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreiches) fällt an die britische Krone. Verbindlichkeiten der Gesellschaft, ausgenommen dinglich besicherte Verbindlichkeiten, erlöschen.

Die Limited kann jedoch wieder „reaktiviert“ werden. Unter Abgabe einer Zeugenerklärung ist ein Antrag zum High Court of Justice in London zu stellen. Das Gericht terminiert 3 Monate nach Eingang des Antrages eine mündliche Verhandlung zur Wiederherstellung der Gesellschaft. In dieser Zeit müssen alle versäumten Erklärungen nachgeholt werden. Im Fall dieser sog. „restoration“ („Wiederherstellung“), die u.a. von den directors, den Gesellschaftern oder den Gläubigern beantragt werden kann, wird die Gesellschaft so behandelt, als wäre die Auflösung und Löschung aus dem Register nie erfolgt.

Demgegenüber führt die (Neu-)Eintragung einer Gesellschaft unter derselben Firma nicht dazu, dass die gelöschte Limited wieder auflebt. Es handelt sich - anders als bei der „restoration“ - vielmehr um eine eigenständige Gesellschaft mit eigener Companies House Registration Number (CRN).

Nun hat sich das Bundesfinanzministerium zu den steuerlichen Folgen der Löschung einer Limited geäußert und trifft dazu folgende Aussagen:

  • Verfügt die gelöschte Limited über inländisches Vermögen (dazu gehören insbesondere auch Steuererstattungsansprüche), ist sie – bis zu ihrer vollständigen Abwicklung – als fortbestehend anzusehen (sog. Restgesellschaft). Verbindlichkeiten der Gesellschaft - insbesondere aus Steuern - erlöschen nicht. Setzen die bisherigen Gesellschafter der gelöschten Limited deren werbende Geschäftstätigkeit in Deutschland fort, ist ihr Zusammenschluss nach deutschem Recht als offene Handelsgesellschaft oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts an zusehen. Erfolgt die Fortführung nur durch einen Gesellschafter, kommt auch ein Einzelkaufmann in Betracht. Die über inländisches Vermögen verfügende „Restgesellschaft“ besteht daneben bis zum Abschluss der Liquidation fort. Dies gilt auch dann, wenn der oder die bisherigen Gesellschafter im Rahmen der Fortsetzung der werbenden Geschäftstätigkeit die Firma der gelöschten Limited weiter verwenden.
  • Die Vertretung der Restgesellschaft richtet sich grundsätzlich nach britischem Gesellschaftsrecht, so dass in der Regel die bisherigen Vertretungsorgane die Restgesellschaft vertreten, solange kein Nachtragsliquidator oder ein anderer Vertreter bestellt ist.

Steuerliche Folgen

Eine Limited mit Sitz im Vereinigten Königreich und Ort der Geschäftsleitung im Inland unterliegt mit ihren sämtlichen Einkünften der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Befindet sich der Ort der Geschäftsleitung nicht im Inland, unterliegt die Limited nur mit ihren inländischen Einkünften der deutschen Körperschaftsteuer. Gleiches gilt für eine gelöschte Limited, die aufgrund ihres inländischen Vermögens als fortbestehend anzusehen ist. Diese Restgesellschaft ist mit dem bisherigen Körperschaftsteuersubjekt identisch. Die Körperschaftsteuerpflicht besteht solange fort, wie sie noch steuerliche Pflichten zu erfüllen hat. Entsprechendes gilt auch für die Gewerbe- und Umsatzsteuer.

Setzen der oder die Gesellschafter der gelöschten Limited eine werbende Tätigkeit fort, begründen sie einen neuen Unternehmenszweck. Die Besteuerung dieser Tätigkeit erfolgt dann als Einzelunternehmer oder als Mitunternehmer einer Personengesellschaft. Die Restgesellschaft bleibt daneben grundsätzlich als Steuersubjekt bestehen, solange sie über Vermögen verfügt und steuerliche Pflichten zu erfüllen hat.

Wird Vermögen der Restgesellschaft durch den oder die fortsetzungswilligen Gesellschafter genutzt (z.B. Geschäftswert, Kundenstamm, Maschinen oder sonstige Wirtschaftsgüter), ist regelmäßig von einer unentgeltlichen Eigentumsübertragung oder einer unentgeltliche Nutzungsüberlassung auszugehen. In beiden Fällen prüft das Finanzamt die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Im Fall der „restoration“ wird die betreffende Limited nach britischem Recht so behandelt, als wäre die Löschung nie erfolgt. Dementsprechend lebt auch eine ggf. zuvor beendete Steuerpflicht rückwirkend wieder auf.

Hinweis: Die zwischenzeitlich vorzunehmende Besteuerung – auch eine ggf. angenommene verdeckte Gewinnausschüttung – bleibt davon unberührt. Insbesondere bleiben daher auch gegen die handelnden Personen ergangene Steuerbescheide wirksam.

Quelle: BMF-Schreiben vom 6. Januar 2014, IV C 2 S 2701/10/10002, BStBl. 2014 I S. 111
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