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Mittwoch, 01.10.2014

Neues zur Abgeltungsteuer

Lange war höchst umstritten, ob der Abgeltungsteuersatz (25 %) bei der Gewährung eines Darlehens an eine GmbH durch eine dem Anteilseigner nahe stehende Person, bei Angehörigendarlehen und in den Fällen der Gesellschafterfremdfinanzierung Anwendung finden kann. Dazu hat der BFH nun in einer ganzen Reihe von Urteilen Stellung genommen. Positiv zu werten sind dabei insbesondere seine Entscheidungen zur Darlehensgewährung unter Angehörigen. Diese bieten zukünftig Gestaltungsspielraum, es sei denn, es kommt - wie so oft in letzter Zeit - zu einem „Nichtanwendungsgesetz“.

Angehörigendarlehen

In zwei Verfahren gewährten die Steuerpflichtigen ihren Angehörigen (Sohn und Enkeln bzw. Ehefrau und Kinder) fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien. Im dritten Fall stundete die Steuerpflichtige ihrem Bruder den Kaufpreis bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen verzinslich.

Die Finanzämter besteuerten die Kapitalerträge mit dem individuellen tariflichen Einkommensteuersatz. Der niedrigere Abgeltungssteuersatz i.H.v. 25% sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Dies bestätigten auch die jeweiligen Finanzgerichte, nicht jedoch der BFH.

Er entschied, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden müssen. Zwar sei nach dem Wortlaut des Gesetzes der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Ein solches Näheverhältnis liege aber nur dann vor, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden könne oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen bestehe. Das war in allen drei Verfahren aber nicht der Fall.

Darlehen an eine GmbH durch nahe stehende Person

In einem weiteren Fall gewährte eine Steuerpflichtige einer GmbH, an der ihre Tochter und ihre Enkelkinder zu mehr als jeweils 10 % beteiligt waren, ein festverzinsliches Darlehen. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge mit dem individuellen tariflichen Steuersatz, was das Finanzgericht bestätigte.

Doch auch dieses Urteil hob der BFH auf. Die Kapitalerträge seien nach dem günstigeren Abgeltungssteuersatz zu besteuern, da nach dem Willen des Gesetzgebers ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreiche, um ein Näheverhältnis zu begründen. Erforderlich sei auch hier vielmehr, dass eine der Vertragsparteien einen beherrschenden oder außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss ausüben könne oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen habe.

Da dies hier nicht gegeben war, gingen die Richter nicht von einer missbräuchlichen Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen aus.

Hinweis: Ist ein Darlehensvertrag zwischen Angehörigen ansonsten anzuerkennen (Fremdvergleich), kann nicht aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder der Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Ausnutzung des Abgeltungssteuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles (25 % im Vergleich zum höheren individuellen Steuersatz) bei dem Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht.

Gesellschafterfremdfinanzierung

Im letzten Fall war der Steuerpflichtige Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Er gewährte ihr ein festverzinsliches Darlehen. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungssteuersatz sei nicht anzuwenden, weil er zu mehr als 10 % an der GmbH beteiligt sei. Das Finanzgericht wies die Klage ab, der BFH bestätigte dies. Hier unterlag also der Steuerpflichtige vor Gericht.

Die Ungleichbehandlung des Steuerpflichtigen im Vergleich zu den durch den Abgeltungssteuersatz begünstigten Steuerpflichtigen finde ihre Rechtfertigung darin, dass bei der Finanzierung einer im Inland ansässigen GmbH keine Gefahr bestehe, dass Kapital in das niedrig besteuerte Ausland verlagert werde. Da durch die Einführung des Abgeltungssteuersatzes gerade solche Verlagerungen verhindert werden sollten, würde durch eine Privilegierung der (inländischen) Gesellschafterfremdfinanzierung das gesetzgeberische Ziel verfehlt.

Hinweis: Die Urteile sind noch nicht offiziell veröffentlicht. Wie sich die Finanzverwaltung positionieren wird oder ob es eine Gesetzesänderung geben wird, ist also noch offen.

Quelle: BFH-Urteile vom 29. April 2014, VIII R 9/13, LEXinform Nr. 0929509, BFH-Urteile vom 29. April 2014, VIII R 44/13, LEXinform Nr. 0929837, BFHUrteil vom 29. April 2014, VIII R 35/13, LEXinform Nr. 0929806, BFH-Urteil vom 14. Mai 2014, VIII R 31/11, LEXinform
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