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Mittwoch, 01.10.2014

Überblick über das neue Mindestlohngesetz

Am 16.08.2014 ist das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz) in Kraft getreten. Im darin enthaltenen Mindestlohngesetz (MiLoG) ist der gesetzliche Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aller Branchen festgelegt worden. Ab dem 01.01.2015 haben diese Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des gesetzlich festgelegten Mindestlohns durch den Arbeitgeber, § 1 Abs. 1 MiLoG, § 22 MiLoG. Zu Ausnahmen siehe unten.

Die Höhe beträgt anfänglich 8,50 Euro brutto je Zeitstunde. Die Fortentwicklung des gesetzlichen Mindestlohns obliegt einer ständigen Mindestlohnkommission, die von der Bundesregierung errichtet wird (§§ 2-8 MiLoG). Erstmals hat diese Kommission über die Anpassung des Mindestlohns mit Wirkung zum 01.01.2017 zu befinden. Darauf folgt ein 2-jähriger Turnus. Auf Vorschlag der Mindestlohnkommission kann der Mindestlohn durch Erlass einer Rechtsverordnung durch die Bundesregierung verändert werden.

Diese gesetzliche Lohnuntergrenze verdrängt schlechtere Arbeitsbedingungen, die in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen vereinbart sind. (Ausnahme: Tarifverträge nach der Übergangsregelung nach § 24 MiLoG, siehe unten.). Nach § 3 MiLoG darf der Mindestlohn nicht durch Vereinbarungen unterschritten oder gar ausgeschlossen oder beschränkt werden. Entsprechende Vereinbarungen sind unwirksam. Auf einen entstandenen Anspruch kann nur durch einen gerichtlichen Vergleich verzichtet werden. Im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Auch eine Verwirkung des Anspruches ist ausgeschlossen.

Im Einzelnen:
Für wen gilt der Mindestlohn, § 22 MiLoG?

Anerkennungspraktikum (ErzieherInnen) Die ErzieherInnenausbildung ist in schulrechtlichen Länderregelungen geregelt. In der Regel gliedert sie sich in eine zweijährige schulische Ausbildung und ein einjähriges Berufspraktikum (auch Anerkennungsjahr genannt). Dieses Berufspraktikum dürfte damit von der Ausnahmeregelung erfasst sein.

Der Forderung des Paritätischen, für eine Klarstellung zu sorgen, dass im „Anerkennungspraktikum“ auch der Mindestlohn gelten sollte, wurde durch den Gesetzgeber nicht gefolgt.

Einrichtungen können sich in der Frage, welche Bezahlung für diese PraktikantInnen angemessen ist, am Tarifvertrag für Praktikanten und Prakti a) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch geringfügig und kurzfristig Beschäftigte ab 18 Jahren, selbstverständlich auch ausländische Beschäftigte, auch wenn der Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat.

b) Praktikanten und Praktikantinnen im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetzes werden grundsätzlich vom Mindestlohngesetz erfasst, es sei denn, es handelt sich um eine der unten angegebenen Ausnahmen.

Praktikant/in mit Anspruch auf Mindestlohn ist, wer sich unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kennnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt, § 22

Abs. 1 Satz 3 MiloG.

Achtung: Änderung im Nachweisgesetz für PraktikantInnen
Um Praktikanten und Praktikantinnen die Durchsetzung ihrer Rechte zu erleichtern, wurde auch das Nachweisgesetz geändert. Danach gilt das Nachweisgesetz ab dem 16.08.2014 auch für Praktikanten und Praktikantinnen, die nach dem Mindestlohngesetz (§ 22 Abs. 1) als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen gelten, wenn das Praktikum länger als einen Monat dauert.

Danach hat jeder Arbeitgeber, der zukünftig einen Praktikanten oder eine Praktikantin, der/die Anspruch auf den Mindestlohn hat, einstellt, unverzüglich nach Abschluss des Vertrages, spätestens vor Aufnahme der Tätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und ihm/ihr auszuhändigen.

Dazu gehören mindestens Name und Anschriften der Vertragsparteien, die mit dem Praktikum verfolgten Lern- und Ausbildungsziele, Beginn und Dauer, Dauer der regelmäßigen täglichen Praktikumszeit, Zahlung und Höhe der Vergütung, Dauer des Urlaubs, allgemeiner Hinweis auf anzuwendende Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge. Die elektronische Form reicht nicht.

Wann gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht? Ausnahmen nach § 22 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG

a) Pflichtpraktika, die verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder ihm Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie geleistet werden (Nr. 1). Dazu gehören alle Praktika, die verpflichtend in geregelten Ausbildungen, auch zur Erlangung schulischer Abschlüsse oder in Studiengängen zu absolvieren sind. Auch Studien-, Prüfungsordnungen und Zulassungsordnungen, die ein Praktikum als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorschreiben, zählen zu den genannten Regelungen.

Vorpraktika
Damit fallen die sog. „Vorpraktika“, die Hochschulen häufig für die Aufnahme des Studiums der Sozialen Arbeit zur Bedingung machen, unter diese Ausnahme.

Anerkennungspraktikum (ErzieherInnen)
Die ErzieherInnenausbildung ist in schulrechtlichen Länderregelungen geregelt. In der Regel gliedert sie sich in eine zweijährige schulische Ausbildung und ein einjähriges Berufspraktikum (auch Anerkennungsjahr genannt). Dieses Berufspraktikum dürfte damit von der Ausnahmeregelung erfasst sein.

Der Forderung des Paritätischen, für eine Klarstellung zu sorgen, dass im „Anerkennungspraktikum“ auch der Mindestlohn gelten sollte, wurde durch den Gesetzgeber nicht gefolgt.

Einrichtungen können sich in der Frage, welche Bezahlung für diese PraktikantInnen angemessen ist, am Tarifvertrag für Praktikanten und Praktikantinnen des öffentlichen Dienstes (TVPöD) orientieren.

Anerkennungsjahr (SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen) Diese Empfehlung gilt auch für Einrichtungen, die Studienabgänger beschäftigen, die nach Abschluss ihres Studiums der sozialen Arbeit ein Anerkennungsjahr ableisten müssen, um anschließend die staatliche Anerkennung zu erhalten. Die Frage, ob diese Anerkennungsjahre unter die Ausnahme vom Mindestlohn fallen, ist noch nicht eindeutig geklärt. Leider gab es im Gesetzgebungsverfahren keine Klarstellung.

Anerkennungsmodule im Rahmen des Studiums der sozialen Arbeit Unter die Ausnahme vom Mindestlohn fallen allerdings sog. Anerkennungsmodule, die zwingend im Rahmen des Studiums der Sozialen Arbeit absolviert werden müssen.

Sind Abweichungen durch Tarifverträge möglich? Bis zum 31.12.2017 ist durch Tarifverträge, die nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz für bestimmte Branchen für allgemein verbindlich erklärt wurden, eine Abweichung vom gesetzlichen Mindestlohn nach unten möglich, wobei allerdings ab dem 1.1.2017 8,50 Euro erreicht sein müssen.

Wann ist der Mindestlohn zu zahlen? Fälligkeitsregelungen

Gemäß § 2 MiLoG ist der Mindestlohn zu zahlen

  • zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit
  • spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde.

Das bedeutet z.B. für Einrichtungen, die bisher einen niedrigeren Lohn zahlen, dass der ab 01.01.2015 für Januar zu zahlende Lohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde zur vereinbarten Fälligkeit, spätestens aber am letzten Bankarbeitstag des Februars 2015 auszuzahlen ist.

Mindestlohn und geringfügig Beschäftigte/kurzfristig Beschäftigte

Neue Pflichten für Arbeitgeber
Der Mindestlohn von 8,50 Euro gilt ab dem 1.1.2015 auch für geringfügig Beschäftigte in allen Wirtschaftsbereichen.

Ist bei Vereinbarungen mit geringfügig Beschäftigten ein bestimmter Stundenlohn vereinbart, ist im Zweifel davon auszugehen, dass es sich um einen Arbeitnehmer-Bruttolohn handelt. Nach § 17 Abs. 1 MiLoG besteht für geringfügig Beschäftigte (Ausnahme, Beschäftigte in Privathaushalten) ab sofort die Verpflichtung, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und mindesten 2 Jahre ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Tag aufzubewahren. Diese Unterlagen dienen der Sicherung der Kontrollmöglichkeit durch die Behörden und sind für die gesamte Dauer der Tätigkeit, insgesamt nicht länger als 2 Jahre, bereitzuhalten.

Diese Aufzeichnungspflicht gilt auch für die „kurzfristige Beschäftigung“. Bei einem Verstoß gegen diese Vorschrift können Bußgelder festgesetzt werden.

Mindestlohn und „Kurzfristige Beschäftigung“
Die Höchstgrenzen bei kurzfristigen Beschäftigungen wurden für eine Übergangszeit vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2018 angehoben. Die bisher geltenden Zeitgrenzen von 2 Monaten oder 50 Tagen im Kalenderjahr werden für 4 Jahre auf 3 Monate und 70 Tage angehoben. Die Beschäftigung darf nicht berufsmäßig ausgeübt werden. Eine Höchstverdienstgrenze gibt es hier nicht. Diese Übergangsregelung soll die Einführung des Mindestlohnes bei Saisonarbeitskräften erleichtern.

Welche Haftungsregelungen gelten für den Arbeitgeber?

Das Mindestlohngesetz verweist auf § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz. Danach haftet der Auftraggeber, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Dienstleistungen beauftragt, für die Verpflichtung des beauftragten Unternehmers, eines Nachunternehmens oder eines von dem Unternehmer oder einem Nachunternehmer beauftragten Verleihers zur Zahlung des Mindestentgeltes (Nettoentgelt), §14 AEntG. (sog. Generalunternehmerhaftung)

Was geschieht bei Verstößen? § 21 MiLoG enthält eine ganze Reihe von Bußgeldvorschriften, die sich auf Verstöße gegen die geregelten Pflichten im MiLoG beziehen. Dazu gehört insbesondere § 21 Abs. 1 Nr. 7 – 9 MiLoG, Verstoß gegen die Aufzeichnungs- und Bereithaltungspflichten und bei Nichtzahlung des Mindestlohns. Diese Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße bis zu 30.000, in bestimmten Fällen auch bis zu 500.000 Euro (z. B. bei der nicht oder nicht rechtzeitigen Zahlung des Mindestlohns) belegt werden. Zuständig für die Kontrolle des Mindestlohns ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die beim Zoll angesiedelt ist.

Ist bei Verstößen mit Beitragsnachforderungen zur Sozialversicherung zu rechnen? Es ist darauf hinzuweisen, dass das Beitragsrecht der Sozialversicherung vom Entstehungsprinzip geprägt ist. Danach sind die Sozialversicherungsbeiträge von dem Arbeitsentgelt der Beschäftigten zu berechnen, auf welches diese einen Rechtsanspruch haben. Nicht maßgebend ist der tatsächliche Auszahlungsbetrag.

Die Prüfung der Einhaltung von Mindestlöhnen wird regelmäßiger Bestandteil der Betriebsprüfungen. Würde also z.B. anlässlich einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherungsträger festgestellt, dass nicht der im Mindestlohngesetz festgelegte Betrag, sondern ein geringerer Betrag Grundlage für die Beitragsberechnung war, ist mit Beitragsnachforderungen zu rechnen. In diesem Fall kann auch eine strafrechtliche Verantwortung in Betracht gezogen werden, § 266a StGB. Das gilt auch für andere für allgemeinverbindlich erklärte Lohnuntergrenzen in bestimmten Branchen (z.B. Pflegemindestlohn). Die vorstehende Darstellung enthält die Auslegung des Gesetzes, wie es heute bekannt ist. Weitere Entwicklungen, auch Rechtsprechung zu ungeklärten Begriffen, bleiben abzuwarten. (AOK business-de)

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