Steuer-News-Archiv
Steuer-News-Archiv
« zurück
Mittwoch, 01.04.2015

Fahrten zwischen Wohnung und wechselnden Betriebsstätten

Nach einem neuen Urteil des BFH können Selbstständige für Fahrten zu ständig wechselnden Betriebsstätten, von denen keiner eine besondere zentrale Bedeutung zukommt, die tatsächlichen Aufwendungen und nicht nur die Entfernungspauschale als Betriebsausgaben abziehen.

Im Streitfall war eine Steuerpflichtige als freiberuflich tätige Musiklehrerin im Auftrag einer kommunalen Musikschule in mehreren Schulen und Kindergärten tätig. Im Regelfall suchte sie jede dieser Einrichtungen außerhalb der Schulferien einmal wöchentlich auf und benutzte hierfür ihr privates Kfz. Die Fahrtkosten setzte sie in Höhe von 0,30 € für jeden tatsächlich gefahrenen Kilometer an - nicht nur für die einfache Fahrt. Das Finanzamt akzeptierte jedoch nur einen Betriebsausgabenabzug in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 € je Entfernungskilometer. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht der Klage statt. Dieses Urteil wurde nun vom BFH im Revisionsverfahren bestätigt.

Die Schulen und Kindergärten erfüllen nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwar grundsätzlich den Betriebsstättenbegriff, was eine Kappung der Aufwendungen auf die Höhe der Entfernungspauschale zur Folge hätte. Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei der Ermittlung von Gewinneinkünften sollen jedoch mit den Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei der Ermittlung von Überschusseinkünften gleich behandelt werden.

Nach der bisherigen BFHRechtsprechung ist die Entfernungspauschale dann nicht anwendbar, wenn der Arbeitnehmer an ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten tätig ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte innehat, die für ihn den Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit darstellt. Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung müssten diese Grundsätze auch bei den Gewinneinkünften angewendet werden.

Entscheidend ist, ob eine der Tätigkeitsstätten eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den anderen Tätigkeitsorten hat, so dass diese mit einer regelmäßigen Arbeitsstätte gleichzusetzen ist, so der BFH. Das sei hier nicht der Fall. Keine der aufgesuchten Einrichtungen habe eine besondere zentrale Bedeutung.

Hinweis: Auch ab 2014 ergibt sich im vorliegenden Fall kein anderes Ergebnis. Die Verwaltung wendet das ab 2014 für Arbeitnehmer geltende neue Reisekostenrecht entsprechend auch für Selbstständige an. Ein Selbstständiger hat ebenfalls nur noch eine (erste) Betriebsstätte. Erste Betriebsstätte ist die Tätigkeitsstätte, an der der Steuerpflichtige dauerhaft typischerweise arbeitstäglich oder je Woche an zwei vollen Arbeitstagen oder mindestens zu einem Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit tätig wird. Treffen diese Kriterien auf mehrere Tätigkeitsstätten zu, ist die der Wohnung des Steuerpflichtigen näher gelegene Tätigkeitsstätte erste Betriebsstätte. Wird der Steuerpflichtige, wie im obigen Fall, an keiner Betriebsstätte dauerhaft, also für mindestens 2 Tage in der Woche tätig, so hat er keine Betriebsstätte, mit der Folge, dass für alle Fahrten die tatsächlichen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können.

Quelle: BFH-Urteil vom 23. Oktober 2014, III R 19/13, LEXinform Nr. 0929853
« zurück