Steuer-News-Archiv
Steuer-News-Archiv
« zurück
Mittwoch, 01.04.2015

Anrechnung von Einkommensteuervorauszahlungen nach einer Scheidung

Vor dem Finanzgericht Schleswig Holstein ging es um die Frage, wie Einkommensteuervorauszahlungen, die vom alleinigen Konto eines Ehegatten nach der Scheidung der Eheleute gezahlt werden, auf die (geschiedenen) Eheleute anzurechnen sind.

Für das Streitjahr leistete der Steuerpflichtige Einkommensteuervorauszahlungen von rund 12.000 €. Diese wurden von seinem privat als auch geschäftlich genutztem Bankkonto per Überweisung beglichen. Der Vorauszahlungsbescheid war an die Eheleute adressiert. Die Ehe wurde bereits im Laufe des Streitjahres geschieden, wovon das Finanzamt jedoch erst im Folgejahr erfuhr. Bei der Einkommensteuerveranlagung wurde eine Einkommensteuer gegen den Steuerpflichtigen von rund 6.500 € festgesetzt. Die geschiedene Ehefrau erzielte im Streitjahr nur geringe Einkünfte, weshalb gegen sie keine Einkommensteuer festgesetzt wurde.

Das Finanzamt rechnete die vom Steuerpflichtigen geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen dem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau jeweils zur Hälfte zu und forderte somit vom Steuerpflichtigen noch einen Nachzahlungsbetrag von 500 €, während es der Exfrau des Steuerpflichtigen einen Erstattungsanspruch von rund 6.000 € zusprach.

Hiergegen wandte sich der Steuerpflichtige zunächst mit einem Einspruch. Seiner Auffassung nach seien die Vorauszahlungen alleine ihm zuzurechnen, da die Ehe im Zeitpunkt der Zahlung der Vorauszahlungen bereits geschieden war. Anders als bei einer intakten Ehen müsse im Zweifel davon ausgegangen werden, dass die Zahlungen nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur auf eigene Rechnung geleistet wurden.

Den Einspruch wies das Finanzamt zurück. Es komme nicht darauf an, wer die Vorauszahlungen entrichtet habe, sondern darauf, wie der erkennbare Wille des Zahlenden im Zeitpunkt der Zahlung gewesen sei, d.h. für wessen Schuld die Zahlungen erfolgen sollten. Das Finanzamt habe im Zeitpunkt der Zahlung keine Anhaltspunkte gehabt, dass die Ehe bereits geschieden war. Daher hätte man weiter von einer gesamtschuldnerischen Tilgungsabsicht des Steuerpflichtigen ausgehen müssen.

Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Den Finanzbehörden könne nicht zugemutet werden, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten darauf hin zu überprüfen, wer von ihnen - im Innenverhältnis - auf die zu erstattenden Beträge einen Anspruch habe.

Aufgrund der zwischen Ehegatten bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft könne man davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der auf die gemeinsame Steuerschuld zahle, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen (zusammenveranlagten) Ehegatten begleichen wolle.

Hinweis: Sollten Sie in Fällen der Ehegattenveranlagung eine andere Zurechnung der Vorauszahlungen wünschen als die gesamtschuldnerische Zurechnung auf beide Ehegatten zu gleichen Teilen, so müssen Sie dies dem Finanzamt noch vor der Entrichtung der Vorauszahlungsbeträge mitteilen. Erlässt das Finanzamt einen Vorauszahlungsbescheid, der an die Ehegatten adressiert ist, obwohl die Ehe bereits geschieden wurde oder die Ehegatten dauernd getrennt leben, so müssen Sie gegen diesen Bescheid Einspruch einlegen. Auch wenn die Vorauszahlungen zusammen mit dem Einkommensteuerbescheid des vorangegangen Veranlagungszeitraums festgesetzt wurden, so ist diese Festsetzung ein eigenständiger Verwaltungsakt, der unabhängig vom Einkommensteuerbescheid anzugreifen ist. Wir unterstützen Sie gerne hierbei.

Quelle: : FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. Juli 2014, 5 K 93/11, Revision eingelegt (Az. des BFH: VII R 38/14), LEXinform Nr. 5017024
« zurück