Steuer-News-Archiv
Steuer-News-Archiv
« zurück
Freitag, 01.01.2016

Ermäßigte Besteuerung einer Abfindung

Der BFH hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Teilbeträgen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausnahmsweise nicht entgegensteht, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Hauptund Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung geringfügig ist. Eine Nebenleistung kann unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung.

Ein Steuerpflichtiger war fast 40 Jahre bei demselben Arbeitgeber beschäftigt. Sein Bruttoarbeitslohn betrug zuletzt ca. 34.500 €. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 30.09.2010. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielt der Steuerpflichtige eine betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800 € sowie eine Tarifabfindung in Höhe von 10.200 €. Die Tarifabfindung floss dem Steuerpflichtigen im Jahr 2010 zu und wurde in voller Höhe besteuert. Der Bruttoarbeitslohn belief sich einschließlich der Tarifermäßigung im Jahr 2010 auf ca. 44.300  €. Die betriebliche Abfindung floss ihm im Jahr 2011 zu. Der Arbeitgeber führte die Lohnsteuer ohne Berücksichtigung der Tarifermäßigung ab. In seiner Einkommensteuererklärung für 2011 machte der Steuerpflichtige geltend, die betriebliche Abfindung sei als Entschädigung für entgangene Einnahmen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Das Finanzamt unterwarf die betriebliche Abfindung dagegen dem vollen Steuersatz.

Das Finanzgericht gab jedoch dem Steuerpflichtigen Recht. Es führte zur Begründung aus, dass die Tarifabfindung im Verhältnis zu der betrieblichen Abfindung als geringfügig anzusehen sei. Der BFH wies die Revision des Finanzamtes jetzt zurück. Grundsätzlich stehe die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Veranlagungszeiträumen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegen. Denn Teilauszahlungen bewirken stets eine Progressionswirkung. Andernfalls könne die Grenze zwischen außerordentlichen Einkünften und den nach dem Regeltarif zu versteuernden Einkünften nicht hinreichend trennscharf gezogen werden. Ausnahmsweise könne eine Teilauszahlung jedoch unschädlich sein, wenn andernfalls der Zweck des Gesetzes verfehlt würde. Das sei der Fall, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und wenn die Nebenleistung geringfügig sei. Ob von einer geringen Teilleistung auszugehen sei, bestimme sich nach dem Vorliegen einer Ausnahmesituation in der individuellen Steuerbelastung. Eine geringfügige Nebenleistung liege nach bisheriger BFHRechtsprechung nicht mehr vor, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung betrage.

Hier betrage die Teilauszahlung 8,87  % der Gesamtabfindung oder 9,73  % der Hauptleistung. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass die Nebenleistung (10.200  €) niedriger sei als die Steuerentlastung der Hauptleistung (10.806 €).

Hinweis: Der BFH hat mit der Begründung, dass die Nebenleistung niedriger ist als die Steuerentlastung der Hauptleistung, bisher nur eine sozial motivierte, nachträgliche Zusatzleistung der Höhe nach als unschädlich angesehen. Der BFH erweitert dieses Kriterium zur Konkretisierung der bloßen Geringfügigkeit nun auf weitere Fälle und führt dazu aus, dass bei einer Versagung der Tarifermäßigung der Steuerpflichtige besser dastünde, wenn er die Teilauszahlung nicht erhalten hätte. Die Teilauszahlung würde (vor Steuern) noch nicht einmal den steuerlichen Nachteil ausgleichen, den sie verursacht hat. Dieses Ergebnis würde zu wirtschaftlich unsinnigen Gestaltungen Veranlassung geben.

Quelle: BFH-Urteil vom 13. Oktober 2015, IX R 46/14, www.bundesfinanzhof.de
« zurück