Steuer-News-Archiv
Steuer-News-Archiv
« zurück
Freitag, 01.01.2016

Unbeschränkter Schuldzinsenabzug bei Zinseszinsen für Investitionskredite

Tätigt ein Steuerpflichtiger Überentnahmen, so ist der Schuldzinsenabzug nach dem Einkommensteuergesetz begrenzt. Überentnahmen liegen vor, wenn die Entnahmen die Summe der Einlagen und des Gewinnes übersteigt. Sechs Prozent der Überentnahmen, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, werden dem Gewinn des Steuerpflichtigen hinzugerechnet. Von der Abzugsbeschränkung ausgenommen sind Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungsund Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Investitionskredite). Dieser Zusammenhang kann nach Ansicht des Finanzgerichtes Düsseldorf auch im Falle einer weiteren Darlehensaufnahme zur Finanzierung von Zinseszinsen gegeben sein.

Ein Steuerpflichtiger war einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis beigetreten. Den Kaufpreis von 1,2  Mio.  DM hatte er in voller Höhe durch Aufnahme eines endfälligen Darlehens (Hauptdarlehen) finanziert. Schon kurze Zeit später war er aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht mehr in der Lage, das Darlehen ordnungsgemäß zu bedienen. Da die finanzierende Bank eine Anpassung der Zins- und Tilgungsvereinbarung ablehnte, nahm er daher ein weiteres Darlehen zur Finanzierung der Zinsen (Zinsdarlehen) auf. Die Auszahlungsbeträge des Zinsdarlehens wurden ausschließlich zur Zahlung der Zinsen des Hauptdarlehens verwendet. Das Finanzamt ließ den Abzug der für das Hauptdarlehen gezahlten Schuldzinsen uneingeschränkt zu, da das Darlehen der Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens - hier des Praxisanteils - diente. Für das weitere Darlehen versagte es jedoch den Schuldzinsenabzug mit der Begründung, dass ein unmittelbarer Finanzierungszusammenhang mit einem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens fehle. Die Schuldzinsen stünden vielmehr im Zusammenhang mit laufenden Betriebsausgaben, nämlich den Schuldzinsen für das Hauptdarlehen.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Der Schuldzinsenabzug sei zweistufig zu prüfen. Zunächst sei zu klären, ob der betreffende Kredit eine betriebliche oder private Schuld sei. In einem zweiten Schritt sei dann zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach den einkommensteuerlichen Regelungen abziehbar seien. Unstreitig sei, dass die streitgegenständlichen Darlehen betriebliche Schulden seien und dass sie zur Begleichung der Zinsen des Hauptdarlehens verwendet worden seien. Von dem (in der Regel geltendem) Grundsatz der Nichtabziehbarkeit sehe der Gesetzgeber nur eine Ausnahme vor - die Ausnahmevorschrift für Investitionskredite. Der Gesetzeszweck gebiete für gewisse Fälle jedoch eine erweiterte Auslegung. Auch solche Zinsen, die nicht unmittelbar für das Investitionsdarlehen, sondern für ein Darlehen anfielen, mit dem die Zinsen des Investitionsdarlehens bezahlt würden, stünden in einem hinreichend engen Finanzierungszusammenhang mit einem Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Nur eine solche Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers, wonach anstehende betriebliche Investitionen in das Anlagevermögen durch die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nicht erschwert werden sollen.

Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zwecks Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 29. September 2015, 10 K 4479/11 F, Revision zugelassen (Az. des BFH III R 26/15), NWB DokID: FAAAF-18565
« zurück