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Freitag, 01.04.2016

Kindergeldberechtigter bei verspätetem Unterhalt

Der BFH hat entschieden, dass die bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigenden Unterhaltszahlungen grundsätzlich für und in dem Zeitraum geleistet werden müssen, für den das Kindergeld begehrt wird. Unterhalt, der um Jahre verspätet gezahlt wird, bleibt außer Betracht.

Geklagt hatte die Mutter einer im September 1991 geborenen Tochter. Nachdem die Tochter im Sommer 2012 die Fachhochschulreife erlangte, bemühte sie sich um eine Ausbildungsstelle, bis sie im November 2012 eine Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden aufnahm. Sie lebte in einer eigenen Wohnung und bezog zwischenzeitlich Leistungen nach dem SGB II. Den Antrag der Mutter auf Kindergeld lehnte die Familienkasse ab, da zunächst keine Nachweise für die Bemühungen der Tochter um einen Ausbildungsplatz vorlagen. Zuvor hatte der Sozialleistungsträger gegenüber der Familienkasse einen Erstattungsanspruch geltend gemacht. Gegen die Ablehnung wandte sich die Mutter mit Einspruch. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurde bekannt, dass der Vater der Tochter seit August 2012 monatliche Zahlungen von 200 € leistete. Damit sollten titulierte Unterhaltsansprüche aus Vorjahren bis zur Volljährigkeit der Tochter in 2009 ratenweise abgegolten werden. Die Familienkasse war der Ansicht, die Zahlungen des Vaters an seine Tochter seien als Unterhaltsrente anzusehen. Somit sei der Vater kindergeldberechtigt und nicht die Mutter, die keinen Unterhalt leiste. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht gab der Klage z.T. statt und verpflichtete die Familienkasse, der Mutter Kindergeld für den Zeitraum August 2012 bis November 2012 zu gewähren.

Dies bestätigte jetzt der BFH. Das Kindergeld werde nur an einen Kindergeldberechtigten gezahlt. Lebten die Eltern in einem gemeinsamen Haushalt, so könnten sie untereinander den Berechtigten bestimmen. Lebe das Kind nicht im Haushalt beider Eltern oder eines Elternteils, sondern in einem eigenen Haushalt, so sei derjenige kindergeldberechtigt, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahle. Zahle keiner der beiden Elternteile eine Unterhaltsrente, so könnten sie gemeinsam einen Berechtigten bestimmen oder durch das Familiengericht bestimmen lassen. Eine Unterhaltsrente sei der laufende Barunterhalt, der monatlich im Voraus zu entrichten ist.

Nachträglich erbrachte Unterhaltsleistungen wirkten sich aber nicht auf die Berechtigtenbestimmung aus. Im Streitfall betrafen die Zahlungen des Vaters den seit langem (bis zur Volljährigkeit der Tochter in 2009) rückständigen Unterhalt. Insofern könne bei Zahlungen, die erst Jahre nach der Fälligkeit des Unterhaltsanspruchs aufgenommen werden, nicht mehr von laufendem Unterhalt gesprochen werden.

Hinweis: Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob Unterhaltsleistungen auch dann bei der Berechtigtenbestimmung außer Betracht zu lassen sind, wenn die Zahlungen zwar kontinuierlich, jedoch jeweils um wenige Wochen oder Monate verspätet geleistet werden.

Quelle: BFH-Urteil vom 5. November 2015, III R 57/13, HFR 2016, S. 346
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