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Freitag, 01.04.2016

Alleinerziehende: kein Barunterhalt durch anderen Ehegatten

Kommt der andere Elternteil seinen Barunterhaltspflichten nicht nach, führt dies nicht zum Anspruch auf einen höheren Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Auch die Anwendung des Splittingtarifs für den Alleinerziehenden kommt nicht in Betracht. Ebenso wenig kann aus dieser Situation heraus eine steuerlich geltend zu machende außergewöhnliche Belastung abgeleitet werden. Dies hat der BFH nun klargestellt.

Im vorliegenden Fall war über die einkommensteuerliche Behandlung einer alleinerziehenden Steuerpflichtigen zu entscheiden, welche in den relevanten Veranlagungszeiträumen für ihre zwei minderjährigen Kinder keinen Unterhalt vom Kindsvater erhielt. Das zuständige Finanzamt setzte die Einkommensteuer unter Anwendung des Grundtarifs und unter Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende fest. Den Einspruch der Steuerpflichtigen, den Splittingtarif statt des Grundtarifs anzuwenden, wies das Finanzamt als unbegründet zurück.

Bei der Anwendung des Splittingtarifs wird generell das zu versteuernde Einkommen von Ehegatten ermittelt und halbiert. Für diesen Betrag wird der Einkommensteuertarif ermittelt. Der sich hieraus ergebende Steuerbetrag wird verdoppelt. Es bleibt der doppelte Grundfreibetrag steuerfrei. Würde eine alleinerziehende, einzeln veranlagte, steuerpflichtige Person nach dem Splittingtarif besteuert, würde sie demnach einen höheren steuerfreien Grundfreibetrag erhalten sowie einen im Vergleich niedrigeren progressiven Einkommensteuersatz als eine nach dem Grundtarif einzeln veranlagte Person.

Unter Berufung auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz klagte die Steuerpflichtige. Sie werde ungleich bezüglich Alleinerziehenden behandelt, denen Unterhalt durch den anderen Elternteil gezahlt werde. Ihr stehe daher ein höherer Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu oder ein Abzug als außergewöhnliche Belastung.

Dies sah der BFH nicht so. Das Grundgesetz gebiete, das Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie steuerlich zu verschonen. Dies werde durch den Grundfreibetrag für den Steuerpflichtigen sowie durch den Kinderfreibetrag oder den Erhalt von Kindergeld für dessen Kinder sichergestellt. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende solle kompensieren, dass Alleinerziehende keine Vorteile aus der Haushaltsführung mit einer anderen erwachsenen Person erzielen könnten. Einen höheren Freibetrag zu gewähren, weil kein Unterhalt durch den anderen Elternteil gezahlt werde, komme nicht in Frage.

Weiter entschied der BFH, dass Unterhaltsleistungen an die Kinder keine außergewöhnliche Belastung sind. Solche Aufwendungen seien ihrer Art nach keine außergewöhnlichen Belastungen, sondern typische Aufwendungen der Lebensführung. Derartige familienbedingte Aufwendungen seien durch den Erhalt von Kindergeld oder den Ansatz des Kinderfreibetrags abgegolten. Die besondere Belastungssituation von Alleinerziehenden werde zudem durch den Entlastungsfreibetrag für Alleinerziehende abgegolten.

Hinweis: Zahlt ein Elternteil dem anderen alleinerziehenden Elternteil keinen Unterhalt für die Kinder, ist dies unerheblich für die Einkommensbesteuerung des Alleinerziehenden. Aufwendungen für kindergeldberechtigte Kinder sind typische Aufwendungen der privaten Lebensführung und damit keine außergewöhnliche Belastung. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende kompensiert einzig Nachteile durch das Führen eines Haushalts ohne eine weitere erwachsene Person und ist daher seiner Höhe nach unstrittig. Es ist hier jedoch anzumerken, dass dem anderen Elternteil, bei dem das Kind nicht wohnt, grundsätzlich auch der halbe Kinderfreibetrag, bzw. das hälftige Kindergeld zusteht. Kommt der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nach, kann der Elternteil in dessen Haushalt das Kind lebt, beantragen, dass der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen wird.

Quelle: BFH-Urteil vom 17. September 2015, III R 36/14, LEXinform Nr.: 0950136
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