Steuer-News-Archiv
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Freitag, 01.04.2016

Prozesskosten wegen der Geltendmachung von Schmerzensgeld

Im Jahr 2011 hat der BFH entschieden, dass Prozesskosten für die Führung eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, solange der Prozess nicht mutwillig geführt wird. Hierauf reagierte der Gesetzgeber, indem er den Abzug der Prozesskosten auf solche Fälle beschränkte, in denen Steuerpflichtige, ohne den Prozess zu führen, Gefahr liefen, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und lebensnotwendige Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nach dieser ab 2013 geltenden Gesetzesänderung stellte sich die Frage, in welchen Fällen eine solche Existenzgefährdung gegeben war. Im Jahr 2015 kehrte der BFH wieder zu seiner alten Rechtsauffassung zurück und versagte auch bei Zivilprozesskosten vor der gesetzlichen Neuregelung grundsätzlich den Abzug als außergewöhnliche Belastungen.

So auch in einem kürzlich entschiedenen Fall, in dem der Steuerpflichtige Aufwendungen für einen Schmerzensgeldprozess als außergewöhnliche Belastungen geltend machen wollte. Im konkreten Fall verklagte der Ehemann den Arzt seiner in 2006 an einem Krebsleiden verstorbenen Ehefrau auf Schmerzensgeld aufgrund eines Behandlungsfehlers des Arztes. Die geltend gemachten Aufwendungen für Gerichtskosten, Anwaltshonorar und Sachverständigengutachten wurden vom Finanzamt nicht anerkannt.

Nachdem das Finanzgericht dem Steuerpflichtigen Recht gab, hat der BFH den Abzug der Aufwendungen im Revisionsverfahren versagt. Der BFH stellte zwar fest, dass sich ein Steuerpflichtiger nach einem verlorenen Zivilprozess der Zahlung der Prozesskosten aus rechtlichen Gründen nicht entziehen könne. Dies reiche für den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung aber nicht aus. Hinsichtlich der für den Abzug erforderlichen Zwangsläufigkeit sei auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu der Aufwendung geführt habe. Zivilprozesskosten seien folglich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das den Prozess auslösende Ereignis zwangsläufig war. Denn es sollten nur zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf steuermindernd berücksichtigt werden.

Hierzu gehörten Zivilprozesskosten in der Regel nicht. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie im Urteilsfall - Ansprüche wegen immaterieller Schäden geltend gemacht werden. Zivilprozesskosten seien vielmehr nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berühre und der Steuerpflichtige gezwungen sei, einen Zivilprozess zu führen.

Hinweis: Der BFH hatte zwar nicht über die Anerkennung nach der gesetzlichen Neuregelung zu entscheiden, aber nach der Urteilsbegründung fallen Prozesskosten, die für die Durchsetzung des Ausgleichs immaterieller Schäden anfallen, wie im Streitfall das Schmerzensgeld, nicht in den existenziellen Bereich des Steuerpflichtigen. Dieser laufe ohne die Geltendmachung der Ansprüche nicht Gefahr, die Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse und die seiner Kinder in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Hiernach sind solche Prozesskosten auch nach der neuen Gesetzesregelung nicht anzuerkennen.

Quelle: BFH-Urteil vom 17. Dezember 2015, VI R 7/14, LEXinform Nr. 0934525, Pressemitteilung des BFH vom 6. April 2016, LEXinform Nr. 0444303
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