Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.01.2017

Erste Tätigkeitsstätte, Sammelpunkt, Einsatzwechseltätigkeit

Seit 2004 können Arbeitnehmer die Kosten für das regelmäßige Aufsuchen ihrer Arbeitsstätte mit 30 Cent pro Kilometer der einfachen Strecke als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung ansetzen (sog. Entfernungspauschale). Arbeitnehmer, die nicht regelmäßig eine Tätigkeitsstätte aufsuchen, können unter bestimmten Umständen 30 Cent für die tatsächlich zurückgelegten Kilometer zur Tätigkeitsstätte ansetzen. In diesem Fall werden die Wegekosten nach Reisekostengrundsätzen - also für die Hin- und Rückfahrt und nicht durch die Entfernungspauschale in der Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht. Das ist der Fall bei einer sog. Einsatzwechseltätigkeit.

Ein typisches Beispiel ist ein angestellter Handwerker, der seine wechselnden Baustellen regelmäßig von seinem Wohnsitz aus anfährt. Der Ansatz von Wegekosten als Reisekosten ist für Arbeitnehmer attraktiver, da sich die abziehbaren Werbungskosten im Vergleich zur Entfernungspauschale verdoppeln. Kann ein Arbeitnehmer glaubhaft nachweisen, dass er durch seinen Arbeitgeber keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet wurde und keine Tätigkeitsstätte regelmäßig aufsucht, liegt eine sog. Einsatzwechseltätigkeit vor.

Die Fahrtkosten sind dann ab Wohnsitz des Arbeitnehmers Reisekosten. Beginnt der Arbeitnehmer seine Arbeitseinsätze jedoch dauerhaft, typischerweise arbeitstäglich von einem durch den Arbeitgeber festgelegten Ort, gilt dieser als sog. Sammelpunkt. Für Fahrten zwischen Wohnung und Sammelpunkt kann dann ebenfalls nur die Entfernungspauschale angesetzt werden.

In einem Klageverfahren konnte kürzlich ein steuerpflichtiger Arbeitnehmer glaubhaft machen, dass er eine Einsatzwechseltätigkeit ausübe. Er übte im Streitjahr 2014 seine Tätigkeit an verschiedenen Orten aus. Einmal wöchentlich fuhr er zu einer betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers, um Stundenzettel oder auch Urlaubsanträge abzugeben. Diese Einrichtung war arbeitsvertraglich nicht die erste Tätigkeitsstätte des Steuerpflichtigen. Er wurde von seinem Arbeitgeber keiner ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet. Das bescheinigte dieser schriftlich.

Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen Recht. Er könne seine Fahrtkosten zu einer wöchentlich aufgesuchten betrieblichen Einrichtung nach Reisekostengrundsätzen ansetzen. Im zweiten Schritt waren laut Gericht für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte quantitative Zuordnungskriterien zu prüfen. Das Aufsuchen der Einrichtung für zwei volle Arbeitstage je Arbeitswoche oder das Tätigwerden an diesem Ort für mindestens ein Drittel der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit führe zu der Annahme, dass eine erste Tätigkeitsstätte vorliege. Dies liege im Streitfall aber nicht vor. Auch liege kein Sammelpunkt vor, da der Steuerpflichtige seine Einsatzorte regelmäßig von seinem Wohnort aus angefahren habe.

Für die wöchentliche Fahrt zur betrieblichen Einrichtung konnte der Steuerpflichtige daher die tatsächlich gefahrenen Kilometer zu je 30 Cent als Werbungskosten ansetzen - entgegen der Auffassung des Finanzamtes.

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