Steuer-News-Archiv
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Samstag, 01.04.2017

Schadensersatz als Arbeitslohn?

Einem Steuerpflichtigen stand ein Dienstwagen nebst Fahrer auch für private Fahrten einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. Für die Jahre 2002 bis 2005 musste er mangels eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs Einkommensteuer nachzahlen. Der Steuerpflichtige war der Auffassung, die Arbeitgeberin treffe ein Verschulden an der höheren Steuerfestsetzung, da sie ihrer Überwachungspflicht hinsichtlich der Führung der Fahrtenbücher nicht nachgekommen sei, und meldete den Vorgang der Haftpflichtversicherung der Arbeitgeberin. Die von der Arbeitgeberin eingeholten juristischen Stellungnahmen ergaben ein überwiegendes Verschulden der Arbeitgeberin und empfahlen eine Zahlung von 50.000 €. Im Rahmen eines Vergleichs zahlte die Versicherung diesen Betrag an den Steuerpflichtigen. Das Finanzamt sah in der Zahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn. Außerdem handele es sich bei dem Verzicht der Arbeitgeberin auf Ersatz der Reparaturkosten wegen einer Falschbetankung des Dienstwagens (Benzin statt Diesel) um eine Einnahme des Arbeitnehmers.

Das Finanzgericht gab der Klage des Steuerpflichtigen teilweise statt. Allein der Umstand, dass eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehe, reiche zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals „für eine Beschäftigung“ nicht aus. Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn sei, dass die Zahlung „für“ die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erfolge.

Das Finanzgericht sah es nicht als erwiesen an, dass dem Steuerpflichtigen die Zahlung der Versicherung letztendlich im abgekürzten Zahlungsweg als Zahlung der Arbeitgeberin für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zugeflossen sei. Arbeitgeberin und Arbeitnehmer seien aufgrund des eingeholten Gutachtens davon ausgegangen, dass ein Schadensersatzanspruch wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung der Arbeitgeberin bestanden habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Arbeitgeberin tatsächlich zivilrechtlich zum Schadensersatz gegenüber dem Steuerpflichtigen verpflichtet war.

Im Übrigen wies das Finanzgericht die Klage ab. Die Arbeitgeberin habe auf die Geltendmachung des bestehenden Schadensersatzanspruchs wegen falscher Betankung des Dienstwagens verzichtet. Ein durch das Dienstverhältnis veranlasster Verzicht des Arbeitgebers auf eine realisierbare Schadenersatzforderung gegenüber seinem Arbeitnehmer führe nach ständiger BFH-Rechtsprechung als sog. geldwerter Vorteil bei Letzterem grundsätzlich zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.

Hinweis: Mit Urteil vom 21. März 2017 hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Schadensersatzzahlung des Arbeitgebers zum Ausgleich eines immateriellen Schadens (Diskriminierung wegen einer Behinderung) auch dann nicht steuerbar (also kein Arbeitslohn) ist, wenn der Arbeitgeber die behauptete Benachteiligung bestritten und sich lediglich in einem gerichtlichen Vergleich zur Zahlung bereit erklärt hat. Dort hatte eine Einzelhandelskauffrau nur wenige Wochen nach Feststellung einer 30%igen Behinderung die ordentliche Kündigung „aus personenbedingten Gründen“ von ihrem Arbeitgeber erhalten. Vor dem Arbeitsgericht schlossen die Einzelhandelskauffrau und ihr Arbeitgeber sodann einen Vergleich, in dem „eine Entschädigung gem. § 15 AGG“ i.H.v. 10.000 € vereinbart und das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet wurde. Das Finanzamt sah in der Zahlung steuerpflichtigen Arbeitslohn. Das Finanzgericht folgte dem nicht. Bei der Zahlung habe es sich nicht um einen Ersatz für entstandene materielle Schäden (z.B. entgehenden Arbeitslohn) gehandelt, sondern um den Ausgleich immaterieller (z.B. wegen Mobbings, Diskriminierung oder sexueller Belästigung). Solche Einnahmen hätten keinen Lohncharakter und seien daher steuerfrei.

Quelle: FG Köln, Urteil vom 29. Oktober 2015, 15 K 1581/11, Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 34/16), EFG 2017 S. 196
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