Steuer-News-Archiv
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Samstag, 01.04.2017

Besteuerungsverfahren bei bestimmten sonstigen Leistungen zwischen EU/Drittland und Inland (MOSS, VAT on eServices)

„Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind.“ Der Gesetzgeber definiert den Begriff der sonstigen Leistung über die Negativabgrenzung zur Lieferung.

Lieferungen sind in der Regel, Übertragungsvorgänge von materiellen Gütern/Waren. Also Dingen, die anfassbar sind. Sonstige Leistungen liegen beispielsweise vor, bei der Einräumung von Rechten, Dienstleistungen etc. Während die grenzüberschreitenden Lieferungen schon sehr lange umsatzsteuerlich geregelt sind, hat sich das Besteuerungsverfahren für sonstige Leistungen mit „Grenz“ überschreitung in den letzten Jahren konkretisiert und unterliegt Anpassungsprozessen. Im Folgenden geht es im Speziellen um die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen. Diese umfassen die Bereitstellung digitaler Produkte (Software, Updates), die Bereitstellung von Websites, Bildern, Datenbanken, Musik, Filmen über elektronische Netze sowie andere automatisierte Computerdienstleistungen, wie bspw. Online-Versteigerungen. Die Aufzählung ist beispielhaft.

Fall: Leistungserbringung vom Inland in das EU-Ausland

Der Leistende hat seinen Sitz oder als EU-Unternehmer eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in Deutschland und stellt Software zur zeitlich begrenzten Nutzung über das Internet („auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen“) bereit. Leistungsbezieher sind a) Privatpersonen im EU-Ausland und b) Unternehmer im EUAusland, die ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwenden.

Zu a) In diesem Fall liegt der Ort der sonstigen Leistung seit dem 1.1.2015 dort, wo die Privatpersonen ihren Sitz haben, möglicherweise also in einen der gegenwärtig 28 Staaten der EU.Verantwortlich für die Besteuerung ist der Unternehmer, der sich nun mehr für Zwecke der Umsatzbesteuerung in allen relevanten Staaten der EU registrieren muss. Alternativ kann er das besondere Besteuerungsverfahren MOSS wählen.

Zu b) In diesem Fall liegt der Ort der sonstigen Leistung (business to business-Geschäft) ebenfalls dort wo der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Der Unterschied zur Privatperson (s. a)) liegt darin, dass dem unternehmerischen Leistungsempfänger die steuerlichen Verpflichtungen des Leistungserbringers auferlegt werden. Das geschieht im Rahmen des sog. Reverse-charge-Verfahrens. Der inländische Unternehmer braucht sich in diesem Fall nicht in dem jeweiligen EU-Staat zu registrieren. Für ihn besteht die Verpflichtung eine Rechnung mit der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ ohne Umsatzsteuerausweis auszustellen.

Die abstrakte Frage lautet: Welcher Staat hat das Besteuerungsrecht?

Besteuerungsverfahren für auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen innerhalb der EU an Privatpersonen

Bis zum 31.12.2014 konnte der Unternehmer bei Erbringung seiner sonstigen auf elektronischem Weg an Privatpersonen erbrachten Leistungen in seinem Staat eine Steuererklärung abgeben. Dies entsprach jedoch nicht dem der Umsatzsteuer zugrunde liegenden Grundsatz der Besteuerung des privaten Letztverbrauchs im Bestimmungsland. Somit wurde die Ortsbestimmung zum 1.1.2015 für diese Leistungen neu geregelt. Der Unterneh mer hat nunmehr die Wahl, sich in jedem EULand, in dem er die genannten Leistungen erbracht hat und dort die Besteuerung zu registrieren oder das sog. MOSS-Verfahren anzuwenden. MOSS ist die Abkürzung für Mini-One-Stop-Shop.

Die seit dem 1.1.2015 in Kraft getretene Sonderregelung des Mini-One-Stop-Shop ermöglicht es, den in Deutschland ansässigen Unternehmern, ihre in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ausgeführten Umsätze, die unter die Sonderregelung fallen, in einer besonderen Steuererklärung zu erklären. Diese Steuererklärung zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf elektronischem Weg zu übermitteln und die sich ergebende Steuer insgesamt zu entrichten. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Umsätze in anderen Mitgliedstaaten der EU, in denen der Unternehmer keine umsatzsteuerliche Betriebsstätte hat.

Die Registrierung zu oder Abmeldung von diesem besonderen Verfahren erfolgt jeweils mit Wirkung zum Beginn des folgenden Kalendervierteljahres.

Die im Rahmen des MOSS-Verfahrens abzugebende Steuererklärung muss insbesondere die Angaben zu den Umsätzen getrennt für jeden EUMitgliedstaat, in dem die unter die Sonderregelung fallenden Leistungen an Nichtunternehmer erbracht wurden, enthalten. Sie sind nach anwendbaren Steuersätzen aufzuschlüsseln. Entsprechende Aufzeichnungen sind zu führen.

Wie wird auf europäischer Ebene sicher gestellt, dass derartige Leistungen von Unternehmern aus dem Drittland der Besteuerung unterliegen?

Ein vergleichbares Verfahren gibt es bereits für im Drittland (bspw. USA) ansässige Unternehmer, die diese Art sonstiger Leistungen an Privatpersonen mit Wohnsitz in der EU erbringen. Dieses Verfahren nennt sich „VAT on eServices“ und entspricht im Wesentlichen dem Inhalt des MOSS-Verfahrens.

Der Gesetzgeber sorgt mit den besonderen Besteuerungsverfahren MOSS und Vat on eServices für eine Erleichterung für Unternehmer in der Form, dass die Registrierung in einem Staat der EU ausreicht, um die steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen und realisiert seit 2015 für die beschriebenen Leistungen das Prinzip der Besteuerung des Letztverbrauchs durch Privatpersonen in deren Staat.

Haben Sie dazu Fragen, sprechen Sie uns an!

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