Steuer-News-Archiv
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Samstag, 01.07.2017

Wann sind Jugendreisen ein Zweckbetrieb?

Ein Urteil des FG Köln beschäftigt sich mit der Frage, wann Jugendreisen ein Zweckbetrieb sind (19.01.2017, 13 K 1160/13). Es fasst die Voraussetzung dafür deutlich enger als die Finanzverwaltung.

Der Fall betraf einen Verein, dessen Zweck die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus allen sozialen Schichten ist. Der Zweck sollte laut Satzung insbesondere mit der Organisation und Durchführung von Kinder- und Jugenderholungsmaßnahmen verwirklicht werden. Der Verein war als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt und Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Das Finanzamt war der Meinung, der Verein betreibe faktisch ein Reisebüro und das sei kein Zweckbetrieb. Er unterscheide sich nicht von gewerblichen Anbietern und verstoße damit gegen das Konkurrenzverbot.

Das FG Köln bestätigte diese Auffassung. Es sah weder einen besonderen Zweckbetrieb nach § 66 oder 68 Abgabenordnung (AO) noch einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO. Nach § 68 Abs. 1b AO sind Kindergärten, Kinder-, Jugendund Studentenheime, Schullandheime und Jugendherbergen ausdrücklich als Zweckbetriebe anerkannt. Diese Regelung greift aber nach Auffassung des FG nicht, weil der Verein weder Kinder- oder Jugendheime noch Schullandheime oder Jugendherbergen betrieb. Vielmehr führten die von ihm veranstalteten Jugendreisen ganz überwiegend in fremd geführte Hotels, in Einzelfällen auch in Apartments oder Clubanlagen. Die Sprachreisen, die er anbot, führten andere Veranstalter durch. Eine Förderung der Erziehung sah das Gericht auch nicht. Bei der Durchführung der Reisen fehlte dafür eine entsprechende erzieherische Betreuung.

Keine Wohlfahrtspflegeeinrichtung

Ein Jugendreiseveranstalter kann grundsätzlich eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege sein. Dafür spricht sowohl die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe als auch die Mitgliedschaft im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Es fehlte aber der Nachweis, dass die Jugendlichen wirtschaftlich hilfsbedürftig waren. Hier gelten - so das FG - grundsätzlich die gleichen Kriterien wie bei Erwachsenen. Ihre Bezüge dürfen also nicht höher sein als das Vierfache des Sozialhilferegelsatzes (§ 53 Satz 1 Nr. 1 AO). Das aber muss für den Einzelfall nachgewiesen werden und kann auch bei Jugendlichen nicht pauschal unterstellt werden.

Und: Kein allgemeiner Zweckbetrieb

Das FG sah auch die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 65 AO nicht erfüllt (sog. allgemeiner Zweckbetrieb). Zwar hatte es keine Bedenken, was Zwecknähe und Zwecknotwendigkeit anbelangt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Vereins trat aber entgegen § 65 Nr. 3 AO zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art in größerem Umfang in Wettbewerb, als zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar. Die Angebote wirtschaftlicher Anbieter von Jugendreisen deckten sich bezüglich Ferienzielen und Betreuungsleistungen. Es war also ein Wettbewerb zu nicht begünstigten Einrichtungen gegeben, so dass der Zweckbetrieb unvermeidbar zur Verwirklichung des steuerbegünstigten Satzungszwecks nicht zu erkennen ist.

Jugendreisen können aber nach der Rechtsauffassung des FG Köln ein Zweckbetrieb sein, wenn die erzieherischen Zwecke bei den Reisen entsprechendes Gewicht haben. Das ergibt sind insbesondere aus speziellen pädagogischen Angeboten und einem höheren Betreuungsschlüssel als bei vergleichbaren Angeboten nicht gemeinnütziger Veranstalter. Nicht begünstigt ist dagegen regelmäßig die bloße Vermittlung von Reiseangeboten.

Hinweis: Die Finanzverwaltung sieht bei Jugendreisen bisher regelmäßig einen Zweckbetrieb, weil mit den Reisen auch eine erzieherische Betreuung verbunden ist. Nur bei Teilnahme von Personen über 18 Jahren muss danach im Einzelfall geprüft werden, ob ein Zweckbetrieb angenommen werden kann (Finanzministerium Rheinland-Pfalz, Schreiben vom 23.02.1981, 1981-02-23 S 0171). Wie die Finanzverwaltung mit dem finanzgerichtlichen Urteil umgeht, bleibt abzuwarten. Die mögliche Revision beim Bundesfinanzhof wurde nicht eingelegt.

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