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Sonntag, 01.10.2017

Sofortabzug oder anschaffungsnahe Herstellungskosten?

Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“. Das hat der BFH in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden.

Ein Ehepaar hatte im Jahr 2007 eine vermietete Eigentumswohnung erworben, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand. Die Eheleute setzten das Mietverhältnis zunächst fort. Als es im Folgejahr zu Problemen kam, kündigten sie das Mietverhältnis. Im Zuge der Rückgabe der Wohnung stellten die Vermieter umfangreiche, von der Mieterin jüngst verursachte Schäden (eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden sowie Folgeschäden durch einen nichtgemeldeten Wasserrohrbruch im Badezimmer) an der Eigentumswohnung fest. Mangels Zahlungsfähigkeit der Mieterin konnten sie keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin durchsetzen. Sie machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 Kosten in Höhe von rund 20.000 € zur Beseitigung dieser Schäden als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt versagte den Sofortabzug der Kosten. Da der zur Schadenbeseitigung aufgewendete Betrag 15 % der Anschaffungskosten für das Immobilienobjekt überschreite, würde es sich um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ handeln. Dem widersprach das Finanzgericht. Nachträglich eingetretene Schäden würden von der Regelung nicht erfasst.

Das sah der BFH auch so. Zwar würden zu den Herstellungskosten nach dem Gesetzeswortlaut sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen gehören, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen (wie etwa sog. Schönheitsreparaturen oder auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft). Selbst die Beseitigung verdeckter - im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener - Mängel oder die Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte falle hierunter.

Demgegenüber seien jedoch Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinne „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln des Mieters am Gebäude verursacht worden sei, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Solche Aufwendungen könnten als sog. „Erhaltungsaufwand“ und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.

Hinweis: Der BFH hat damit klargestellt, dass Aufwendungen für die Beseitigung nachträglicher Schäden nicht zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führen, sondern sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand darstellen. Soweit der BFH in seinem Urteil auf das schuldhafte Handeln Dritter abgestellt hat, dürfte das den Besonderheiten des Streitfalls geschuldet sein. Der BFH hat aber auch deutlich gemacht, dass die Kosten für die Beseitigung verdeckter, also im Zeitpunkt der Anschaffung bereits vorhandener Mängel sehr wohl von der Regelvermutung (anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Maßnahmen innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung) erfasst werden. Das gleiche gilt für Kosten zur Beseitigung von bei der Anschaffung angelegten, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel.

Quelle: BFH-Urteil vom 9. Mai 2017, IX R 6/16, NWB Dok-ID: HAAAG-58607
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