Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.01.2012

Neue Kindergeldregeln für volljährige Kinder ab 2012

Ab 2012 gibt es die sonst für volljährige Kinder so bedeutsame Einkünfte- und Bezügegrenze für den Bezug von Kindergeld nicht mehr. Stattdessen werden volljährige Kinder grundsätzlich bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums für das Kindergeld bzw. für den Kinderfreibetrag berücksichtigt. Wie viel das Kind verdient, spielt ab 2012 keine Rolle mehr. Nach Abschluss einer ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird das Kind nur noch berücksichtigt, wenn es das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und:

  • für einen Beruf ausgebildet wird,
  • sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet,
  • eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
  • ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes leistet.

Diese Einschränkung gilt nicht für Kinder vor Vollendung des 21. Lebensjahres, die arbeitslos gemeldet sind, sowie für behinderte Kinder.

Hat das Kind seine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen, gilt kraft Gesetz die Vermutung, dass das volljährige Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Das hat grundsätzlich zur Folge, dass das Kind, wenn es nicht als arbeitsuchend gemeldet (bis 21 Jahre) oder behindert ist, nicht mehr zu berücksichtigen ist. Die Vermutung gilt jedoch als widerlegt, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Kind weiterhin für einen Beruf ausgebildet wird und tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, die Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend beansprucht. Unschädlich ist danach eine Erwerbstätigkeit, wenn diese 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit nicht übersteigt. Unschädlich ist auch ein Ausbildungsdienstverhältnis oder geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Die Finanzverwaltung hat sich nun in einem Schreiben ausführlich zu der gesetzlichen Neuregelung geäußert.

Erstmalige Berufsausbildung

Eine Berufsausbildung liegt vor, wenn das Kind durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwirbt, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen. Vorausgesetzt wird, dass der Beruf durch eine Ausbildung in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erlernt wird und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen wird. Dazu zählen in erster Linie Berufsausbildungsverhältnisse gemäß Berufsausbildungsgesetz und Ausbildungen für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen.

Hinweis: Der Besuch einer Schule zum Erwerb eines Schulabschlusses führt nicht zu einem „Verbrauch“ der erstmaligen Berufsausbildung. Das gilt auch für ein Volontariat oder ein freiwilliges Berufspraktikum.

Die Berufsausbildung wird als erstmalige Berufsausbildung betrachtet, wenn ihm keine andere abgeschlossene Berufsausbildung oder kein abgeschlossenes berufsqualifizierendes Studium vorangeht. So etwa der Besuch einer Fachschule, der eine berufliche Erstausbildung voraussetzt. Insofern handelt es sich dabei nicht um eine Erstausbildung

Erststudium

Um ein Studium kann es sich nur handeln, wenn es sich um ein Studium im Sinne des Hochschulrahmengesetzes handelt. Hochschulen sind vor allem Universitäten, Pädagogische Hochschulen, Kunsthochschulen oder Fachhochschulen. Ein Erststudium liegt nur dann vor, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Dem Studium selbst darf kein abgeschlossenes Studium oder eine andere nichtakademische Ausbildung vorangegangen sein. Studien- und Prüfungsleistungen an ausländischen Hochschulen, die zur Führung eines ausländischen akademischen Grades berechtigen, können grundsätzlich inländischen Studienund Prüfungsleistungen gleich gestellt werden, wenn es das jeweilige Recht des Bundeslandes vorsieht.

Wird das Erststudium unterbrochen bzw. der Studiengang gewechselt, ist das zuerst aufgenommene Studium kein abgeschlossenes Erststudium. Werden zeitgleich zwei oder mehrere Studiengänge studiert, liegt erst dann ein abgeschlossenes Erststudium vor, wenn einer der Studiengänge abgeschlossen wurde. Postgraduale Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien setzen den Abschluss eines Studiums voraus und sind daher kein Erststudium mehr. Auch das erste juristische Staatsexamen ist ein berufsqualifizierender Abschluss. Allerdings zählt das Referendariat zur Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen als Ausbildungsdienstverhältnis. Auch der Bachelor- oder Bakkalaureusgrad ist ein berufsqualifizierender Abschluss. Das nachfolgende Masterstudium ist kein Erststudium mehr.

Erwerbstätigkeit

Erwerbstätigkeit Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn das Kind eine land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche, nichtselbständige oder selbständige Tätigkeit ausübt. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist keine Erwerbstätigkeit.

Hinweis: Daraus können sich interessante Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Unschädlich wäre bspw., wenn das volljährige Kind Vermietungseinkünfte erzielt.

Die Erwerbstätigkeit ist nur dann unschädlich, wenn die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit maximal 20 Stunden beträgt. Dabei ist auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit abzustellen. Vorübergehend, d.h. maximal über 2 Monate hinweg, darf die Arbeitszeit auch über 20 Wochenstunden liegen, wenn in der restlichen Zeit des Kalenderjahres die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

Unschädlich sind ebenfalls Ausbildungsdienstverhältnisse, geringfügige Beschäftigungen bis 400 € pro Monat oder sog. kurzfristige Beschäftigungen. Die Zeiten mehrerer kurzfristiger Beschäftigungen werden zusammengerechnet. Wenn dadurch die Grenze von 2 Monaten oder 50 Arbeitstagen überschritten wird, handelt es sich um eine regelmäßig ausgeübte Beschäftigung. Geringfügige Beschäftigungen sind neben einer regulären Beschäftigung nur dann unschädlich, wenn insgesamt die 20-StundenGrenze nicht überschritten wird.

Ob die Voraussetzungen für den Kindergeldbezug erfüllt sind, ist bezogen auf den Kalendermonat zu prüfen. Es reicht, wenn an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

Beispiel:

Ein volljähriges Kind studiert nach abgeschlossener Berufsausbildung ab dem Jahr 2010. Ab dem 20. Juli 2012 nimmt es unbefristet eine Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden/Woche auf. Die Erwerbstätigkeit nach abgeschlossener Berufsausbildung ist grundsätzlich schädlich. Das Kind kann aber für jeden Kalendermonat berücksichtigt werden, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Kindergeld kann somit für die Monate Januar bis Juli 2012 gewährt werden, von August bis Dezember nicht.

Hinweis: Die Neuregelung gilt uneingeschränkt ab dem Jahr 2012. Das heißt, dass es keine Übergangsregelungen für volljährige Kinder gibt. Die Einkünfte- und Bezügegrenze fällt nicht nur als Anspruchsvoraussetzung für das Kindergeld weg. Auch beim Ausbildungsfreibetrag, der derzeit in Höhe von 924 € für ein volljähriges, auswärtig untergebrachtes Kind, das sich in Berufsausbildung befindet, abgezogen werden kann, entfällt ab 2012 die Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge des Kindes.

Quelle: BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2011, IV C 4 S 2282/07/0001 01, www.bundesfinanzministerium.de
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