Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.04.2012

Schätzungsbefugnis bei unverschuldetem Verlust der Unterlagen

Grundsätzlich darf das Finanzamt auch dann die Besteuerungsgrundlagen schätzen, wenn dem Steuerpflichtigen unverschuldet Buchführungsunterlagen und Aufzeichnungen verloren gegangen sind. Diese ständige Rechtsprechung hat der BFH in einem aktuellen Beschluss bestätigt.

Die fragwürdige Zuschätzung von Einnahmen hatte das Finanzamt bei einer Steuerpflichtigen vorgenommen, die einen Einzelhandel mit Gemischtwaren betrieb. Bei einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt konnte sie weder Kassenbücher noch Kassenberichte, Registrierkassenstreifen noch andere Grundaufzeichnungen über die Tageseinnahmen vorlegen. Grund dafür war nach den Angaben der Steuerpflichtigen ein Hochwasserschaden gewesen.

Doch das Finanzamt prüfte weiter und stellte fest, dass die Gewinnermittlung erhebliche Mängel aufwies. So wurden Einnahmen als Ausgaben erfasst, Betriebsausgaben doppelt erfasst und Darlehenstilgungen Gewinn mindernd verbucht. Laufende Einnahmen und Ausgaben wurden über Wochen hinweg gar nicht erfasst und aus zahlreichen Belegen wurde der Vorsteuerabzug geltend gemacht, obwohl überhaupt keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde. Bei all diesen Mängeln schätzte das Finanzamt einen erheblichen Mehrgewinn hinzu.

Die Steuerpflichtige klagte dagegen, denn schließlich habe das Hochwasser einen Teil ihrer Aufzeichnungen vernichtet. Das Finanzgericht stellte sich allerdings angesichts der fehlerhaften Gewinnermittlung auf die Seite des Finanzamtes.

Abschließend musste sich der BFH mit dem Fall befassen, kam allerdings zu keinem anderen Ergebnis. Grundsätzlich sei das Finanzamt auch bei unverschuldetem Verlust von Buchführungsunterlagen nicht daran gehindert zu schätzen. Art und Umfang der Schätzung würden aber von mehreren Kriterien abhängen, so etwa, ob im Rahmen der Prüfung noch weitere Mängel festgestellt wurden. Seien etwa die Aufzeichnungen für Bareinnahmen lückenhaft oder ergeben sich bei der Bargeldverkehrsrechnung erhebliche Fehlbeträge, sei eine Schätzung innerhalb der amtlichen Richtsätze zulässig. Ob Unterlagen verloren gegangen sind, sei dann nur noch von untergeordneter Bedeutung.

Hinweis: Allein wegen Aufzeichnungen, die unverschuldet verloren gegangen sind, darf das Finanzamt noch nicht schätzen. Anders dagegen, wenn es noch weitere Mängel in der Buchführung oder den Aufzeichnungspflichten feststellt.

Quelle: BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2011, X B 44/11, BFH/NV 2012 S. 168
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