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Sonntag, 01.07.2012

Familienwohnheim: Voraussetzungen für Erbschaftsteuerbefreiung

Geht ein sog. Familienwohnheim durch Erbschaft auf den Ehegatten/ eingetragenen Lebenspartner oder auf die Kinder über, wird unter bestimmten Voraussetzungen keine Erbschaftsteuer erhoben. Der zusätzliche Freibetrag von bis zu 500.000 € kann in diesen Fällen für übriges Vermögen genutzt werden.

Um die Steuerbefreiung zu bekommen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. So muss der Verstorbene bis zu seinem Tod die Wohnung oder das Haus selbst genutzt haben oder daran aus zwingenden Gründen gehindert gewesen sein, wie etwa durch Pflegebedürftigkeit. Nach dessen Tod müssen die Erben das Eigenheim unverzüglich selbst nutzen. Sollen Kinder in den Genuss der Steuerbefreiung kommen, darf darüber hinaus die Wohnfläche des Eigenheims nicht über 200 m² liegen. Der Erbe muss das Familienheim mindestens 10 Jahre lang selbst nutzen, es sei denn, zwingende Gründe, wie etwa Pflegebedürftigkeit oder Tod, hindern ihn daran.

Die OFD Rheinland erläutert die Voraussetzungen in einer aktuell veröffentlichten Verfügung:

Unverzügliche Selbstnutzung

Der Wohnungswechsel des Erben muss unverzüglich erfolgen. Unverzüglich heißt, dass ohne schuldhafte Verzögerung die Eigennutzung der Wohnung aufgenommen werden muss und zwar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen. Der Erwerber muss zeitnah den Entschluss fassen, die in den Nachlass gefallene Wohnung selbst zu nutzen, und diesen auch umsetzen.

Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken

Im Familienwohnheim muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden. Die Befreiung ist nicht möglich, wenn die Wohnung nur als Ferienoder Wochenendwohnung oder durch einen Berufspendler als Zweitwohnung genutzt wird.

Entscheidend ist die tatsächliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Es reicht nicht aus, sich lediglich beim Einwohnermeldeamt umzumelden. Die Gründe, bei denen die fehlende Selbstnutzung nicht schädlich ist, sind auf wenige Lebensumstände, die die eigene Haushaltsführung unmöglich machen, begrenzt, z. B. Tod, Eintritt der Pflegebedürftigkeit oder minderjähriges Kind.

Ob die Aufnahme der Selbstnutzung schließlich als unverzüglich beurteilt werden kann, richtet sich nach den Gesamtumständen des Einzelfalls. Im Allgemeinen beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn der Wohnungswechsel innerhalb eines Jahres erfolgt, es sei denn, es sind dem Finanzamt konkrete Anhaltspunkte bekannt, wonach der Wohnungswechsel problemlosschneller möglich gewesen wäre.

Beispiel 1:

Zum Nachlass gehört ein vom Erblasser bisher selbst genutztes Einfamilienhaus, das seit längerer Zeit nicht mehr renoviert worden ist. Der Sohn ist Alleinerbe und möchte in das Haus einziehen. Innerhalb der ersten Monate nach dem Tod des Erblassers gibt er die umfangreichen Renovierungsarbeiten in Auftrag. Der Sohn zieht zeitnah nach Abschluss der zeitintensiven Arbeiten (18 Monate nach Erbanfall) in das Haus ein. Dabei haben sich die Renovierungsarbeiten durch Umstände verzögert, auf die der Erbe keinen Einfluss hatte. In diesem Fall bestehen seitens der Finanzverwaltung keine Bedenken, die Steuerbefreiung zu gewähren. Es wurde alles für einen unverzüglichen Einzug veranlasst und dieser erfolgte auch nach Abschluss der Arbeiten. Die Verzögerungen hatte der Erbe nicht zu vertreten.

Beispiel 2:

Der Erbe eines Einfamilienhauses, das grundsätzlich die Voraussetzungen für ein Familienheim erfüllt, sieht zunächst Renovierungsbedarf. Im Zuge der Arbeiten wird allerdings festgestellt, dass eine Renovierung unwirtschaftlich ist und ein Abriss und Neubau kostengünstiger wäre. Nach zwei Jahren zieht der Erwerber schließlich in das neu errichtete Gebäude ein. Hier würde eine Steuerbegünstigung nicht in Betracht kommen, weil die Nutzung des Hauses nicht erfolgt ist. Die Steuerbefreiung dürfte nur dann gewährt werden, wenn die Wohnung des Erblassers vom Erwerber (weiter) genutzt wird. Auch wenn der Erbe die originäre Wohnung zunächst selbst nutzen würde, wäre die Steuerbefreiung rückwirkend zu versagen, da der Abriss des Gebäudes innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums zur schädlichen Verfügung führt.

Beispiel 3:

Der Erbe meldet sich kurzfristig um, behält aber zunächst seinen ursprünglichen Wohnsitz. In den folgenden zwei Jahren lässt er das Gebäude renovieren. Die Aufträge werden nach und nach mit teilweise großer zeitlicher Verzögerung erteilt. Nach Abschluss der Renovierung zieht er mit seiner Familie ein. Eine unverzügliche Selbstnutzung liegt nach Verwaltungsauffassung nicht mehr vor. Der Erwerber hat zwar den Entschluss zur Selbstnutzung zeitnah gefasst, hat aber diese Entscheidung nicht unverzüglich umgesetzt. Die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt reicht nicht aus.

Beispiel 4:

Der Erblasser konnte seine Wohnung wegen Unterbringung in einem Pflegeheim nicht mehr selbst nutzen. Die Wohnung war im Zeitpunkt des Erbanfalls vermietet. Sein Sohn ist Alleinerbe und will die Wohnung selber nutzen. Er kündigt das Mietverhältnis zeitnah nach dem Erbfall. Eine Selbstnutzung erfolgt anschließend kurzfristig. Die Steuerbegünstigung ist zu gewähren, wenn der Sohn das Mietverhältnis zeitnah kündigt und nach dem Auszug des Mieters die Wohnung tatsächlich auch unverzüglich selbst nutzt. Weitere Verzögerungen durch erforderliche Renovierungsoder Sanierungsarbeiten können ebenso angemessen berücksichtigt werden.

Hinweis: Die Finanzämter werden Erbschaftsteuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig erlassen, wenn die unverzügliche Selbstnutzung durch den Erben noch nicht abschließend beurteilt werden kann. Im Übrigen gibt es auch eine Steuerbegünstigung für zu Wohnzwecken vermietete Immobilien. Diese sind nur mit 90 % ihres Wertes bei der Erbschaftsteuerfestsetzung zu berücksichtigen.

Quelle: OFD-Rheinland, Verfügung vom 4. Juli 2012, Kurzinfo Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern 1/2012, NWB-DokID: VAAAE-12981
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