Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.07.2012

Umsatzsteuerliche Behandlung der Leistungen von Heilpraktikern und Gesundheitsfachberufen

Das Bundesfinanzministerium hat sich in einem aktuellen Schreiben dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen Heilbehandlungen umsatzsteuerfrei erbracht werden können.

Nach dem Umsatzsteuergesetz sind Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei, wenn sie durch Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Hebammen oder ähnlichen Heilberuflern erbracht werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH und BFH zählen zu den Heilbehandlungen Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Eine bloße Maßnahme zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens bzw. ein Wellnessprogramm ist keine Heilbehandlung im Sinne der Befreiungsnorm, selbst wenn sie von Angehörigen eines Heilberufs erbracht wird.

Einige Leistungen sind im Grenzbereich zwischen Heilbehandlung und Wellnessmaßnahme einzuordnen. Hier ist eine Steuerbefreiung möglich, wenn die Maßnahmen aufgrund ärztlicher Indikation nach ärztlicher Verordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme erbracht werden. Nicht steuerbefreit sind Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind.

Neben (Zahn-) Ärzten und Psychotherapeuten dürfen lediglich Heilpraktiker als Angehörige der Heilberufe eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln. Das gilt auch für die auf das Gebiet der Physiotherapie beschränkten Heilpraktiker.

Aber auch Leistungen aus der Tätigkeit von Gesundheitsfachberufen können steuerfrei erbracht werden. Zu den Gesundheitsfachberufen zählen bspw. Dental-Hygieniker, Diätassistenten, Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten, Ernährungsberater oder Podologen. Hier ist allerdings Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die Leistung aufgrund einer ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt wird.

An dieser Stelle weist die Finanzverwaltung nochmals ausdrücklich darauf hin, dass Behandlungen durch Angehörige von Gesundheitsfachberufen im Anschluss/Nachgang einer Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers grundsätzlich keine steuerfreie Heilbehandlung sind, sofern für diese Anschlussbehandlungen keine neue Verordnung vorliegt. Darauf müssen insbesondere Physiotherapeuten achten. Die neue Auffassung der Finanzverwaltung gilt für Umsätze, die ab dem 1. Januar 2012 erbracht werden. Bis dahin konnten sog. Anschlussbehandlungen steuerfrei erbracht werden.

Was gilt als ärztliche Verordnung? Der Hauptanwendungsfall sind sowohl Kassen- als auch Privatrezepte. Bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. Nicht ausreichend ist eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z.B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur”-Hotel. Diese reicht nicht für eine Steuerbefreiung aus.

Hinweis: Angehörige der Gesundheitsfachberufe müssen darauf achten, dass sie von ihren Patienten bei sog. Anschlussbehandlungen eine neue ärztliche Verordnung erhalten. Nur so können sie die Leistung, die der Patient im Regelfall selbst zahlen muss, ohne Mehrwertsteuer abrechnen. Liegen z.T. keine Rezepte vor, kann der Praxisinhaber ggf. von der Kleinunternehmerregelung profitiert werden, wenn seine gesamten steuerpflichtigen Umsätze 17.500 € im Jahr nicht übersteigen. Ist das der Fall, können auch diese Leistungen ohne zusätzliche Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. Sprechen Sie uns an.

Im Übrigen ergänzt die Finanzverwaltung, dass medizinisch indizierte osteopathische Leistungen steuerfreie Heilbehandlungen sind, wenn sie durch einen Arzt oder Heilpraktiker mit einer entsprechenden Zusatzausbildung erbracht werden. Aber auch Physiotherapeuten oder Masseure bzw. medizinische Bademeister mit entsprechender Zusatzausbildung können umsatzsteuerfreie osteopathische Leistungen erbringen, wenn sie ärztlich oder durch einen Heilpraktiker verordnet wurden.

Hinweis: In der Praxis werden osteopathische Leistungen oftmals ohne Rezept an den Patienten erbracht. Die Voraussetzung für eine steuerfreie Heilbehandlung liegt dann zweifelsohne nicht vor. Fraglich ist allerdings, ob die osteopathische Leistungen gegenüber dem Patienten mit 19 % oder 7 % Umsatzsteuer abzurechnen sind. Dazu hat sich die Finanzverwaltung bislang noch nicht geäußert. Im Übrigen stellt sich für Angehörige der Gesundheitsfachberufe häufig die Frage, ob Leistungen, die ohne Rezept erbracht werden, mit 7 % oder 19 % Mehrwertsteuer belastet werden. Das muss dann im Einzelfall geprüft werden. Wir unterstützen Sie dabei gerne.

Quelle: BMF-Schreiben vom 19.Juni 2012, IV D 3 S 7170/10/10012, www. bundesfinanzministerium.de
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