Steuer-News-Archiv
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Dienstag, 01.04.2014

Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen

Auch im Bereich der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen hat die Finanzverwaltung auf die Rechtsprechung des BFH reagiert und ihre Verwaltungsmeinung überarbeitet, wobei sie die Auslegung des BFH übernommen hat.

Hiernach sind die Regelungen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft einschränkend dahingehend auszulegen, dass es darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Es kommt nicht mehr darauf an, in welchem Umfang der Leistungsempfänger Bauleistungen ausführt. Auch die Vereinfachungsregelung, wonach die Finanzverwaltung beim Zweifel darüber, ob eine Bauleistung vorliegt oder nicht, die Einigung der Unternehmer über die Umkehr der Steuerschuldnerschaft anerkennt, wurde aufgehoben.

Beim Nachweis darüber, ob der Leistungsempfänger seinerseits Bauleistungen ausführt und die an ihn erbrachte Leistung seinerseits zur Ausführung von Bauleistungen verwendet, können nun alle geeigneten Belege oder Beweismittel angeführt werden. Die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung für den Abzug der Bauabzugssteuer kann als Indiz dafür gelten, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung seinerseits für eine Bauleistung verwendet.

Führt der Leistungsempfänger mit der empfangenen Leistung künftig nicht selbst eine Bauleistung aus, ist die an ihn erbrachte Leistung der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Wird die Leistung jedoch für seinen nicht unternehmerischen Bereich erbracht, verbleibt es nach dem Gesetzeswortlaut bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft.

  • Beispiel 1: Bauunternehmer A stellt schlüsselfertige Einfamilienhäuser im Auftrag seiner Kunden her. Er beauftragt den Heizungsbauer B, die Heizungsanlagen in den Häusern zu installieren. Bauunternehmer A erbringt mit der Werklieferung der Einfamilienhäuser eine Bauleistung. Die Installation der Heizungsanlage durch B stellt ebenfalls eine Bauleistung dar. Da A die Leistung des B verwendet, um seinerseits eine Bauleistung auszuführen, ist eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft gegeben. B hat eine Rechnung über den Nettobetrag mit dem Hinweis „Umkehr der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auszustellen.
  • Beispiel 2: Bauunternehmer A beauftragt den Heizungsbauer B in seinem eigenen Bürogebäude eine neue Heizungsanlage zu installieren. Die Installation der Heizungsanlage durch B im Bürogebäude des A stellt eine Bauleistung dar. Da A die Leistung des B hier nicht dafür verwendet, um seinerseits Bauleistungen zu erbringen, ist eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft nicht gegeben. B hat dem A eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis auszustellen. A kann für die empfangene Leistung den Vorsteuerabzug geltend machen.
  • Beispiel 3: Bauunternehmer A beauftragt den Heizungsbauer B, in seinem privat genutzten Wohnhaus eine neue Heizungsanlage zu installieren. Die Installation der Heizungsanlage durch B in der Wohnung des A stellt eine Bauleistung dar. Da A die Leistung des B zwar nicht dafür verwendet, um seinerseits Bauleistungen zu erbringen, die Leistung jedoch für den nichtunternehmerischen Bereich des A erbracht wird, ist eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft gegeben. B hat eine Rechnung über den Nettobetrag mit dem Hinweis „Umkehr der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auszustellen. A muss die Umsatzsteuer hierfür an das Finanzamt abführen, ein gleichzeitiger Vorsteuerabzug ist jedoch nicht möglich, da A die Leistung in seinem nichtunternehmerischen Bereich empfangen hat.
  • Beispiel 4: Bauunternehmer A beauftragt den Heizungsbauer B, in seinem zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhaus, welches sich im Privatvermögen des A befindet, eine neue Heizungsanlage zu installieren. Die Installation der Heizungsanlage durch B in der Wohnung des A stellt eine Bauleistung dar. Da A die Leistung des B nicht dafür verwendet, um seinerseits Bauleistungen zu erbringen, ist eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft nicht gegeben. Die Vermietung des Einfamilienhauses gehört aus umsatzsteuerlicher Sicht zum unternehmerischen Bereich des A. B hat dem A eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis auszustellen. A kann für die empfangene Leistung keinen Vorsteuerabzug geltend machen, da er das Gebäude zu Wohnzwecken vermietet.

Hinweis: In dem Urteil, auf welches sich die Verwaltung in ihrem Schreiben bezieht, folgerte der BFH, dass eine hinreichend sichere Handhabung der Vorschrift nur gewährleistet ist, wenn der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Dies könne der Auftragnehmer in der Regel erkennen. Die oben aufgeführten Beispiele zeigen jedoch, dass von einer sicheren Handhabung noch keine Rede sein kann. Es liegt nun am Gesetzgeber, aus dem Urteil des BFH die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Regelung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen weiter zu vereinfachen. Nach der momentanen Rechtslage geht die Steuerschuldnerschaft auch dann auf den Leistungsempfänger über, wenn er Bauleistungen in seinem nichtunternehmerischen Bereich empfängt und in der Folge nicht für die Ausführung von Bauleistungen verwendet.

Quelle: BMF-Schreiben vom 5. Februar 2014, IV D 3 S 7279/11/10002, LEXinform Nr. 5234884

In einem weiterem BFM-Schreiben hat die Finanzverwaltung die Nichtbeanstandungsregelung aus dem Schreiben vom Februar weiter angepasst. So können Unternehmer für eine Bauleistung die vor dem 15. Februar 2014 ausgeführt worden ist, an der von ihnen damals getroffenen Entscheidung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft weiter festhalten. Die Notwendigkeit einer Rechnungsberichtigung besteht nicht. Das gleiche gilt für Bauleistungen, mit deren Ausführung vor dem 15. Februar 2014 begonnen wurde.

Für Zwecke des Vorsteuerabzuges wird es für Bauleistungen, die vor dem 15. Februar 2014 erbracht wurden, auch nicht beanstandet, wenn die Unternehmer ihre Entscheidung zur Anwendungen oder Nichtanwendung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach alter Rechtslage getroffen haben. Für die Behandlung von Anzahlungen für nach dem 14. Februar 2014 ausgeführte Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen enthält das BMF-Schreiben einige Bespiele.

Hinweis: Das weitere BMF-Schreiben zeigt, dass nach dem BFH-Urteil noch viele Zweifelsfragen zur jetzigen Anwendung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen bestehen. Das BMF hat hinsichtlich der Frage des Vertrauensschutzes auf Grund des BFH Urteils noch ein weiteres Schreiben angekündigt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Quelle: BMF-Schreiben 8. Mai 2014, IV D 3 - S 7279/11/10002-03, LEXinform Nr.: 5235019

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