Steuer-News-Archiv
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Mittwoch, 01.10.2014

Ausschluss des Abzugs für Ausbildungskosten verfassungswidrig?

Der Streit um die Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten geht in die nächste Runde. Nachdem der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit den Abzug von erstmaligen Berufsausbildungskosten als Werbungskosten zugelassen hatte, reagierte der Gesetzgeber, indem er diese ausdrücklich vom Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ausschloss. Das Ende 2011 verabschiedete Gesetz soll rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar sein. Für alle Veranlagungszeiträume ab 2004 ist der Abzug erstmaliger Berufsausbildungskosten dann nur als Sonderausgaben möglich. Dadurch ist es nicht mehr möglich, dass Steuerpflichtige in ihrer Ausbildungsphase negative Einkünfte erklären und in die Folgejahre vortragen können, um diese dann mit positiven Einkünften nach der Ausbildung zu verrechnen. Im Bereich der Sonderausgaben besteht die Möglichkeit eines solchen sogenannten Verlustvortrages nicht. Ausbildungskosten laufen dann in den meisten Fällen ins Leere, da Steuerpflichtige während eines Studiums in der Regel keine oder nur geringe steuerpflichtige Einkünfte erzielen.

Dies war auch der Anlass für insgesamt sechs Streitfälle, die den BFH zu einer entsprechenden Vorlage an das Bundesverfassungsgericht veranlasst haben. Nach Auffassung des BFH sind Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, denn sie dienen der Erzielung einkommensteuerpflichtiger Einkünfte. Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit einer Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Berufsausbildungskosten stellten schließlich keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe. Diese Aufwendungen seien, so der BFH, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht entsprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonderausgabenabzug in Höhe von 4.000 € bzw. 6.000 € in Betracht komme. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Auszubildenden und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Einkünfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere, denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungskostenabzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten.

Hinweis: Die Argumentation des BFH ist schlüssig und es bestehen gute Chancen, dass das Bundesverfassungsgericht dem nicht nachvollziehbaren Streben der Verwaltung und des Gesetzgebers, die Erstausbildungskosten von der Verlustverrechnung auszuschließen, ein Ende setzt. Viele Steuerpflichtige müssen ihr Studium oder ihre Erstausbildung fremdfinanzieren. Ein möglicher Verlustvortrag würde eine schnellere Tilgung der durch die Ausbildung entstandenen Schulden ermöglichen. In Zeiten des Fachkräftemangels sollte der Gesetzgeber eigentlich bestrebt sein, auch mit fiskalischen Mitteln diesem entgegen zu treten. Mit ihrem restriktiven Verhalten erreichen Verwaltung und Gesetzgeber jedoch das genaue Gegenteil! Steuerpflichtige sollten unbedingt ihre Erstausbildungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen und bei einem ablehnenden Bescheid Einspruch einlegen! Wir unterstützen Sie gerne hierbei!

Quelle: BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2014, VI R 2/12, VI R 8/12, LEXinform Nr. 5017071, Pressemitteilung des BFH Nr. 73/2014 vom 5. November 2014, LEXinform Nr. 0442521
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