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Mittwoch, 01.04.2015

Kombination von „Ehrenamt“ und sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit im Hinblick auf das Mindestlohngesetz

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat in der Broschüre „Das Mindestlohngesetz im Detail“ zum Thema Mindestlohn und ehrenamtliche Tätigkeit Stellung genommen. Wir haben das wesentliche nachfolgend zusammengefasst:

Ehrenamt oder Arbeitnehmer?

Ehrenamtlich - so das BMAS - ist eine Tätigkeit, wenn sie nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz dient, sondern Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls sowie den Sorgen und Nöten anderer Menschen ist.

Vergütungen im Rahmen des Übungsleiterfreibetrages (§ 3 Nr. 26 EStG) sind nicht nur lohnsteuerund sozialversicherungsfrei, sondern führen regelmäßig auch zu keiner arbeitsrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft. Für den Bereich des Ehrenamts gilt im Hinblick auf den Mindestlohn eine gesetzliche Ausnahmeregelung (§ 22 MiLoG). Laut Gesetz ist eine Abweichung der Zahlungsverpflichtung von 8,50 Euro pro Stunde zugelassen.

Ehrenamtler werden ebenfalls nicht in die 10-Arbeitnehmer-Grenze des Kündigungsschutzgesetzes eingerechnet. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München im Fall einer Mitarbeiterin, die sich auf das Kündigungsschutzgesetz berief. Nach ihrer Auffassung hatte ihr Arbeitgeber - ein gemeinnütziger Verein - mehr als 10 Mitarbeiter, weil die ehrenamtlich Tätigen mit einzurechnen seien. Deswegen greife das Kündigungsschutzgesetz (Urteil vom 26.11.2014. 10 Sa 471/14).

Das LAG wies die Klage ab. Ausschlaggebend für den Arbeitnehmerstatus sei nicht allein, dass die betreffenden Personen in den Betrieb eingegliedert sind, dass sie weisungsgebunden sind und einen dauerhaften Beschäftigungsbedarf abdecken.

Eine tatsächliche Eingliederung in die Betriebsabläufe und eine Weisungsgebundenheit im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit - so das LAG - macht einen ehrenamtlich Tätigen nicht zum Arbeitnehmer. Es ist auch nicht entscheidend, ob mit ehrenamtlich Tätigen ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Auch eine Aufwandsentschädigung spricht nicht gegen eine ehrenamtliche Tätigkeit und macht diese noch nicht zu einem Arbeitsverhältnis. Die pauschalierten Zahlungen im Rahmen des Übungsleiterfreibetrags decken regelmäßig nur den typischen Aufwand ab und führen nicht zu einer für ein Arbeitsverhältnis erforderlichen Vergütung.

Die rechtlichen Folgen bei fehlender Arbeitnehmereigenschaft betreffen nicht nur den Kündigungsschutz. Anders als bei einem Arbeitsvertrag, für den die Kündigungsfristen des § 622 BGB gelten, kann das Vertragsverhältnis bei Ehrenamtlichen fristlos gekündigt werden. Es liegt hier nämlich ein Auftragsverhältnis nach § 662 ff BGB vor. Hier gilt, dass beide Seiten jederzeit und fristlos kündigen können (§ 671 BGB). Außerdem greifen auch weitere arbeitsrechtliche Regelungen nicht. Dazu gehört vor allem:

  • dass die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nur in schriftlicher Form wirksam ist
  • ein besonderer Kündigungsschutz für Schwangere oder Schwerbehinderte
  • die Pflicht, ein Arbeitszeugnis auszustellen

Nicht klar geregelt ist nach wie vor, ab welcher Vergütungshöhe regelmäßig von einem Arbeitsverhältnis auszugehen ist. Die Vergütung ist typisch für einen Dienstvertrag, während ein Ehrenamt grundsätzlich unentgeltlich übernommen wird (§ 662 BGB). Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass eine Bezahlung dann nicht für ein Arbeitsverhältnis spricht, wenn die Vergütung keine Bedeutung für die wirtschaftliche Existenzgrundlage des Beschäftigten hat (Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20.05.2011, 3 Sa 579/10). Nach dem Urteil des LAG München würde auch bei einer Vergütung bis zu 200 Euro pro Monat noch kein Arbeitsverhältnis vorliegen.

Kombination von Ehrenamt und Minijob

Wird ein Beschäftigter aus - steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Gründen - als Minijobber angemeldet, handelt es sich demgegenüber regelmäßig um Arbeitnehmer. Die Vergütungen hierfür unterliegen also dem Mindestlohn, auch wenn die Personen aus einer gemeinnützigen Motivation heraus tätig werden.

Als Kriterium für die Abgrenzung von ehrenamtlicher Tätigkeit und Arbeitsverhältnis nennt das BMAS ein umfangreiches Weisungsrecht des Auftraggebers. Dann ist die Vereinbarung der Ehrenamtlichkeit nicht rechtswirksam. Es bestehe in diesem Fall tatsächlich ein Arbeitsverhältnis, das sich in rechtlicher Hinsicht von anderen Arbeitsverhältnissen nicht unterscheidet.

Recht häufig bei gemeinnützigen Einrichtungen ist die Kombination von Ehrenamts- bzw. Übungsleiterpauschale und Minijob. Es wird also für ein und dieselbe Tätigkeit eine Vergütung gezahlt, die über die Pauschalen hinausgeht und auf Minijob-Basis abgerechnet wird. Dieses Verfahren ist von den Sozialversicherungsträgern anerkannt, solange die Tätigkeit insgesamt nebenberuflich bleibt.

Beispiel: Ein Trainer erhält für seine Tätigkeit 500 Euro pro Monat. Davon bleiben 200 Euro sozialversicherungs- und lohnsteuerfrei (Übungsleiterpauschale). Die restlichen 300 Euro werden auf Minijob-Basis abgerechnet.

Das BMAS geht davon aus, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, wenn Tätigkeiten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung als sogenannte Minijobs durchgeführt werden. Sie fallen dann unter das Mindestlohngesetz. Für den auf Basis der Pauschalen - lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei - abgerechneten Teil der Vergütung gilt dann regelmäßig ebenfalls der Mindestlohn.

Abgrenzung von Ehrenamt und Minijob

Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, welche Leistungen im welchen Umfang Bestandteil des Minijobs sind. Eine darüberhinausgehende ehrenamtliche Tätigkeit sollte von Art und Inhalt deutlich zum Minijob abgrenzbar sein. Andernfalls bestehe der Verdacht einer Umgehung des Mindestlohns.

Es muss sich also um unterschiedliche Tätigkeiten handeln, die voneinander nach Inhalt, Ort der Tätigkeit oder anderen Kriterien unterscheidbar sind. Ansonsten liegt ein einheitliches Arbeitsverhältnis vor, dessen Vergütung auch dann insgesamt mindestlohnpflichtig ist, wenn es teilweise auf Basis der Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschale abgerechnet wird.

Ein Nebeneinander von Ehrenamt und Minijob ist in diesem Fall möglich, solange die vertraglich definierten Tätigkeiten des Minijobs mit entsprechender Stundenzahl von den übrigen Tätigkeiten abgegrenzt werden können. Der Mindestlohn gilt dann nur für die vertraglich auf Minijobbasis vereinbarten Arbeiten. Für das ehrenamtliche Engagement, für die beispielsweise eine Aufwandsentschädigung oder eine Übungsleiterpauschale bezahlt werden kann, gilt der Mindestlohn nicht.

Anders sieht es aus, wenn eine einheitliche Tätigkeit nur unterschiedlich abgerechnet wird oder keine entsprechenden vertraglichen Regelungen bestehen. Die bisher übliche einheitliche Handhabung von Ehrenamt und Minijob ist zwar sozialversicherungsrechtlich zulässig, verstößt aber gegen das Mindestlohngesetz, wenn der Stundenlohn von 8,50 Euro nicht eingehalten wird.

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