Steuer-News-Archiv
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Donnerstag, 01.10.2015

Keine Verteilung hoher außergewöhnlicher Belastungen

Hohe außergewöhnliche Belastungen können nicht im Billigkeitswege auf mehrere Jahre verteilt werden, wenn sie sich im Kalenderjahr, in dem sie verausgabt worden sind, steuerlich nur eingeschränkt auswirken können - so das Finanzgericht Baden-Württemberg.

Den steuerpflichtigen Eltern von drei Kindern gehörte eine Doppelhaushälfte. Diese hatten sie mit umfangreichen Baumaßnahmen behindertengerecht umgestaltet, um ihre schwerbehinderte Tochter in ihren eigenen Räumlichkeiten weiter betreuen und pflegen zu können. Die Maßnahmen umfassten u.a. einen zweistöckigen Anbau, in dem ein Lastenaufzug integriert war. Die Eltern haben dort ein Pflegezimmer für ihre Tochter eingerichtet und mit einem Spezialbett, einer Spezialbadewanne sowie Therapiegeräten ausgestattet. Die in 2011 angefallenen Kosten beliefen sich auf knapp 166.000 €, von denen die Pflegekasse nur gut 2.500 € übernahm. Die Eltern machten einen Teilbetrag der Umbaukosten i.H.v. 60.000 € als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung 2011 geltend und beantragten den Restbetrag auf die folgenden zwei Veranlagungsjahre zu verteilen. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen i.H.v. 149.100 € als außergewöhnliche Belastungen an, lehnte jedoch die Verteilung auf mehrere Jahre ab und setzte die Einkommensteuer nur für das Jahr 2011 mit 0 € fest.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat die Auffassung des Finanzamtes bestätigt. Der Zeitpunkt des steuerlichen Abzugs werde durch das sogenannte Abflussprinzip und den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung vorgegeben und sei daher nur in dem Veranlagungszeitraum zulässig, in dem der Betrag auch verausgabt worden sei. Die begrenzte steuerliche Auswirkung liege darin, dass die Umbaukosten im Jahr 2011 höher gewesen seien als der Gesamtbetrag der Einkünfte der Steuerpflichtigen, so dass der übersteigende Teil der Ausgaben sich in diesem Jahr steuerlich nicht mehr habe auswirken können. Hierbei handele es sich um eine Härte, die sich aus der Entscheidung des Gesetzgebers für die Bemessung der Einkommensteuer unter Anwendung des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung und des Abflussprinzips ergäbe. Eine Verteilung auf nachfolgende Kalenderjahre sei nicht möglich. Es sei nicht Ziel der gesetzlichen Regelung, dem Steuerpflichtigen die größtmögliche Steuerentlastung zu gewähren.

Hinweis: Das Finanzgericht Saarland ist in 2013 in einem ähnlichen Fall zu einem anderen Urteil gekommen. Dem folgte der Senat des Finanzgerichtes Baden-Württemberg nicht und ließ daher die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu. Nun hat der BFH die Möglichkeit, in der Sache selbst zu entscheiden. Ein Einspruch in ähnlichen Fällen ist hier Pflicht. Aufgrund des erneut anhängigen Verfahrens wird auch die Verfahrensruhe wieder gewährt.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2015, 3 K 1750/13, Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 36/15), LEXInform Nr. 5017992
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