Steuer-News-Archiv
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Freitag, 01.01.2016

BFH bestätigt Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Eigenbelastung

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, wie z. B. Krankheitskosten, so können diese als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Ein Abzug solcher Aufwendungen kommt jedoch nur in Betracht, soweit die Aufwendungen die zumutbare Eigenbelastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung richtet sich nach dem Einkommen und den Familienverhältnissen des Steuerpflichtigen.

In gleich mehreren Verfahren hatten Steuerpflichtige angezweifelt, ob die zumutbare Eigenbelastung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die Verfahren waren beim BFH anhängig und Steuerpflichtige angehalten, ihre Belege über außergewöhnliche Belastungen, wie z. B. Rezeptgebühren, Seehilfen oder Zahnersatz, zu sammeln und auch dann in der Einkommensteuererklärung anzugeben, wenn ein Überschreiten der zumutbaren Eigenbelastung nicht gegeben war. Steuerbescheide ergingen in diesem Punkt vorläufig.

Nun hat der BFH in zwei anhängigen Verfahren über die zumutbare Eigenbelastung in Fällen von erklärten Krankheitskosten entschieden und die Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Eigenbelastung bejaht.

Zwar würden Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten werde die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde noch der Höhe nach geprüft.

Jedoch ist nach Auffassung des BFH der Ansatz der zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten, auch soweit es um den Abzug von Zuzahlungen zu Krankheitskosten geht, von verfassungs wegen hinzunehmen. Die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums richtet sich grundsätzlich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau. Auch Sozialhilfeempfänger hätten jedoch Zuzahlungen zu leisten. Daher sei eine Differenzierung zwischen Krankheitskosten und anderen als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen beim Ansatz der zumutbaren Belastung verfassungsrechtlich nicht geboten. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BVerfG sei Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung, ob eine einkommensteuerrechtliche Regelung Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus dem Bereich der privaten Lebensführung sowie das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums hinreichend berücksichtigt. Auch Sozialhilfeempfänger hätten wie alle gesetzlich Versicherten Zuzahlungen von bis zu 2 % ihres Bruttoeinkommens zu ihren Krankheitskosten zu erbringen, bzw. Leistungskürzung hinzunehmen. Hiergegen hätte das Bundessozialgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen und auch die Verfassungsbeschwerde gegen diese Rechtsprechung sei nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Hinweis: Damit bleibt es dabei, dass Krankheitskosten und andere außergewöhnliche Belastungen nur dann teilweise zum Abzug kommen, wenn die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Stehen dem Steuerpflichtigen mehrere Aufwendungen ins Haus, für welche ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen dem Grunde nach möglich ist, wie eine bevorstehende ZahnOP und die Neuanschaffung einer Brille, so sollten diese - wenn möglich - in einem Kalenderjahr geleistet werden, um so zumindest einen Teil der Aufwendungen zum Abzug zu bringen, wenn dadurch die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird.

Quelle: BFH-Urteil vom 2. September 2015, VI R 32/13 und VI R 33/13, LEXinform Nrn.:0929761, 0929760
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