Steuer-News-Archiv
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Samstag, 01.10.2016

„Ortsübliche Miete“ bei verbilligter Überlassung von Wohnraum

Ein Ehepaar erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Wohnung. Die Wohnung war an die Mutter des Steuerpflichtigen vermietet. Die im Jahr vereinnahmte Miete betrug 2.900 € (Kaltmiete) zuzüglich der Nebenkostenvorauszahlungen. Die Eheleute erklärten in ihrer Steuererklärung entsprechende Einnahmen sowie Werbungskosten in Höhe von rd. 11.000 €. Das Finanzamt berücksichtigte die erklärten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nur teilweise. Die Werbungskosten für die Vermietung der Wohnung könnten nur in Höhe von 62,28 % berücksichtigt werden, da die von der Mutter gezahlte Kaltmiete nur 62,28 % der ortsüblichen Kaltmiete betragen habe.

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Das Entgelt für die Überlassung der Wohnung habe 62,28 % der ortsüblichen Marktmiete betragen. Die durchgeführte Überschussprognose sei negativ ausgefallen. Vergleichsmiete i.S. des Einkommensteuergesetzes sei die ortsübliche Kaltmiete, nicht die Warmmiete. Betriebskosten seien nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.

Dem widersprach der BFH. Unter der ortsüblichen Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung sei nach der BFH-Rechtsprechung die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV) umlagefähigen Kosten zu verstehen. Nach diesen Grundsätzen habe das Finanzgericht die Feststellungen zur ortsüblichen Miete nachzuholen und auf der so ermittelten Grundlage die Entgeltlichkeitsquote und damit die Höhe des Werbungskostenabzugs im Rahmen der Vermietungseinkünfte neu zu ermitteln.

Hinweis: Die Entscheidung ist zum Streitjahr 2011 ergangen. Bis dahin war bei einem Entgelt in der Spanne zwischen 56 % und 75 % der Marktmiete die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose festzustellen. Seit 2012 gilt ein Schwellenwert von 66 %. Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen mit der Folge, dass der Werbungskostenabzug anteilig zu kürzen ist. Der ungekürzte Werbungskostenabzug kann nur bei einer als entgeltlich geltenden Wohnungsvermietung (Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung beträgt mindestens 66 % der ortsüblichen Miete) beansprucht werden.

Quelle: BFH-Urteil vom 10. Mai 2016, IX R 44/15, NWB DokID: LAAAF-81432
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