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Samstag, 01.10.2016

Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen bei Selbstständigen

Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen können die Einkommensteuer des Leistenden mindern. Voraussetzung ist, dass die unterstützte Person unterhaltsberechtigt und bedürftig im Sinne des Zivilrechts ist. Der Leistende ist nicht unterhaltspflichtig, wenn er außerstande ist, den Unterhalt aufzubringen. Hierfür wird sein Vermögen und Einkommen betrachtet. Nach Ermittlung seines Nettoeinkommens und nach Abzug der Unterhaltsleistungen, müssen dem Steuerpflichtigen noch ausreichend Mittel verbleiben, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies nennt man die Ermittlung der sog. „Opfergrenze“. Unterschreitet der Steuerpflichtige die Opfergrenze, ist er nicht mehr zur Zahlung der Unterhaltsleistungen verpflichtet. Damit sind die Aufwendungen für ihn nicht mehr zwangsläufig. Folglich sind sie steuerrechtlich keine außergewöhnliche Belastung mehr und können nicht in der Einkommensteuererklärung angesetzt werden.

Das Nettoeinkommen von Selbstständigen und Gewerbetreibenden unterliegt oft starken Schwankungen. Damit diesen Steuerpflichtigen bei der Ermittlung der Opfergrenze kein Nachteil entsteht, wird ein Dreijahresdurchschnitt ihres Nettoeinkommens berechnet.

Kürzlich hatte der Bundesfinanzhof in einem Revisionsverfahren zu entscheiden, wie Steuerzahlungen für mehrere Jahre in die Berechnung der Opfergrenze von Selbstständigen und Gewerbetreibenden einfließen. Ein Steuerpflichtiger klagte gegen die Entscheidung des Finanzamtes, welches Unterhaltszahlungen an dessen Kinder im Veranlagungsjahr 2012 nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannte. Der Steuerpflichtige hatte den maximal anrechenbaren Betrag von 8.004 € angesetzt. Da er im Jahr 2012 aber eine hohe Summe Einkommensteuer nebst Annexsteuern (Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) für die Jahre 2009 bis 2012 beglich, und diese Zahlung von seinem Nettoeinkommen zur Ermittlung der Opfergrenze vollständig durch das Finanzamt abgezogen wurde, unterschritt er die Opfergrenze. Das Finanzamt gewährte den Ansatz der Unterhaltszahlung als außergewöhnliche Belastung daher nicht. Nach Abzug der Steuerzahlung vom Nettoeinkommen sei der Steuerpflichtige rechtlich nicht mehr gezwungen gewesen, Unterhalt zu leisten.

Das Finanzgericht und auch der Bundesfinanzhof entschieden jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen. Die hohe Steuerzahlung im Jahr 2012 betraf mehrere Jahre. Von dem Dreijahresdurchschnitt des Nettoeinkommens sei daher der Dreijahresdurchschnitt der Steuerzahlungen abzuziehen, um die Opfergrenze zu berechnen. Zwar sei es grundsätzlich richtig, Steuerzahlungen bei der Ermittlung der Opfergrenze in dem Jahr abzuziehen, in dem sie geleistet werden. Dies treffe allerdings nicht zu, wenn eine Steuerzahlung für mehrere Jahre das unterhaltsrechtlich maßgebliche Einkommen nicht unerheblich verzerre, wie es im verhandelten Fall vorliege.

Hinweis: Im verhandelten Fall erzielte der Steuerpflichtige ein durchschnittliches Nettoeinkommen aus selbstständiger Arbeit von mehr als 480.000 €. Im streitigen Veranlagungszeitraum hatte er Steuernachzahlungen von rund 500.000 € zu entrichten. Hier die Opfergrenze anzuwenden, hätte nicht dem Zweck der Regelung entsprochen.

Quelle: BFH-Urteil vom 28. April 2016, VI R 21/15, DStR 2016 S. 1743
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