Steuer-News-Archiv
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Sonntag, 01.01.2017

Abzinsung nicht fremdüblicher Darlehen

Unverzinsliche Darlehen mit einer Restlaufzeit von mehr als zwölf Monaten sind entsprechend einer Regelung im Einkommensteuergesetz mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. In der Steuerbilanz sind die Darlehen dann nicht mit ihrem tatsächlichen Rückzahlungsbetrag, sondern nur mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen. Im Jahr der Darlehensaufnahme muss der Steuerpflichtige einen entsprechenden Ertrag versteuern, der sich aus der Differenz des zu bilanzierenden abgezinsten Wertes und dem Auszahlungsbetrages des Darlehns ergibt.

Diese Regelung war Streitgrund zwischen einem Steuerpflichtigen und dem Finanzamt vor dem Finanzgericht Münster. Der Steuerpflichtige betrieb einen Hotelbetrieb, den er von seiner Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen die Gewährung von Kost und Logis sowie der Zahlung einer dauernden Last erworben hatte. Weiter beschäftigte er seine Ehefrau im Hotelbetrieb. Während einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass die an die Mutter gezahlte dauernde Last sowie der an die Ehefrau gezahlte Lohn teilweise wieder an den Hotelbetrieb zurückgeflossen waren und dieser Rückfluss in der Bilanz des Einzelunternehmens als Verbindlichkeit erfasst wurde. Eine schriftliche Vereinbarung hierzu gab es nicht. Das Finanzamt kam daher zu der Auffassung, dass es sich hierbei um zinslose langfristige Darlehen handelte, die die Mutter und die Ehefrau des Steuerpflichtigen diesem gewährt hätten. Aufgrund der Unverzinslichkeit zinste es die Darlehen ab und erließ einen für das Streitjahr geänderten Steuerbescheid, in dem es den Gewinn entsprechend erhöhte.

Vor dem Finanzgericht wandte der Steuerpflichtige ein, dass die Laufzeit der Darlehen wegen der sofortigen Kündbarkeit weniger als 12 Monate betrage. Ferner seien die Darlehen auch nicht unverzinslich, da er der Ehefrau sowie seiner Mutter Kost und Logis gewährt habe. Darüber hinaus bestünden Zweifel daran, ob die Darlehen einem Fremdvergleich standhielten und überhaupt zu bilanzieren seien.

Das Finanzgericht Münster gab der Klage statt. Es folgte der Argumentation des Steuerpflichtigen, dass die Darlehensvereinbarung nicht fremdüblich sei. Die Zahlungen seien daher als Einlage zu behandeln und nicht als Darlehensverbindlichkeiten zu bilanzieren. Der BFH würde bei betrieblich veranlassten Darlehen, die Fremdüblichkeit einzelner Klauseln zwar großzügig beurteilen und die tatsächliche Durchführung einer Zinsvereinbarung als entscheidend ansehen; im Streitfall fehle es aber gerade an einer Zinsvereinbarung. Das Gericht habe Zweifel, ob die Anlassrechtsprechung des BFH, die zum Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen ergangen sei, uneingeschränkt auf die Fälle (der Abzinsung) unverzinslicher Darlehen übertragbar sei.

Aber auch nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung sei das Darlehen nicht fremdüblich, da es schon an einer schriftlichen Vereinbarung fehle, anhand derer die Fremdüblichkeit und die tatsächliche Durchführung einzelner Klauseln überprüfbar wären. Zudem sei aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Hotels nicht mit einer Rückzahlung der Darlehen zu rechen gewesen und es bestanden auch keine Sicherheiten. Vielmehr sei es der Ehefrau und der Mutter nicht um die Schaffung einer einklagbaren Darlehensverpflichtung gegangen, sondern um den Erhalt der eigenen Existenzgrundlage und des Hotels als „Lebenswerk der Familie“. Dies seien privat veranlasste Motive.

Hinweis: Die Entscheidung des Finanzgerichtes Münster ist zu begrüßen. Das Finanzgericht München hatte in 2014 in einem vergleichbaren Fall einer unverzinslichen Darlehensgewährung ohne Besicherung zwischen Ehegatten noch anders entschieden. Nachdem die Münchner Richter keine Revision zuließen, ist nunmehr ein Aktenzeichen beim BFH anhängig und Steuerpflichtige bekommen in vergleichbaren Fällen Verfahrensruhe. Steuerpflichtige sollten dem Finanzamt jedoch gar nicht erst die Möglichkeit einer Abzinsung eröffnen und bei einer Darlehensgewährung grundsätzlich eine, wenn auch nur geringe, Verzinsung vereinbaren.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 7. November 2016, 7 K 3044/14 E, Revision eingelegt (Az. des BFH: X R 40/16), EFG 2016 S. 2056
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